Rote Rosen für den Intendanten

Mit einer großen Operngala verabschiedete sich Intendant Hein Mulders am 1. Juni 2022 von seinem Publikum. Das Motto des Abends hieß: „E Lucevan le Stelle" dt.: "Und es blitzten die Sterne".

 

Neun Jahre leitete Hein Mulders sehr erfolgreich und mit großem Engagement das Aalto-Theater, die Essener Philharmoniker und die Philharmonie. Eine Aufgabe, die ihm sehr viel Freude bereitete, aber auch enorm viel abverlangte, erklärte er in seinem Fazit am Schluss des Abends. Eines bedauere er sehr, zu wenig Zeit für seine Mitarbeiter gehabt zu haben. Zwei Häuser zu leiten, ist halt mit ständigem Zeitdruck verbunden. Mulders erklärte, ein gutes Team und gegenseitige Wertschätzung seien wesentliche Kriterien seines Führungsstils. Differenzen rational zu lösen und Kompromisse bei Problemen zu finden überaus wichtig. Der sympathische Intendant lehnt Wutausbrüche und Schreierei ab. Dass seine Worte nicht nur leere Worthülsen darstellen, demonstrierte er dann auch zugleich. Allen Mitarbeitern*innen sprach er seinen großen Dank aus und erwähnte sie namentlich, was verständlicherweise einige Zeit in Anspruch nahm. Besonderer Dank wurde GMD Tomáš Netopil zuteil, mit dem ihm von Anfang an eine enge und sehr gute künstlerische Zusammenarbeit verband. Mit ihm teilt er das Interesse für das slawische Repertoire.

In den neun Spielzeiten freute sich das Publikum in beiden Häusern über zahlreiche musikalische Höhepunkte. Der Spielplan wies mitreißende Konzerte, brillante Solisten*innen aus, präsentierte packende und düstere Musikdramen. Auch aufregende Raritäten fehlten nicht, mal mehr, mal weniger Furore machend und akzeptiert vom Publikum. Vielfalt ist jedoch notwendig für Oper- und Musikhäuser, um auch international Popularität zu erhalten.

Bevor Mulders nach Essen kam, war er Direktor der Nederlandse Opera in Amsterdam. Im Frühjahr 2021 erfolgte dann der Ruf an die Oper in Köln.

 

Die Solisten*innen des Aalto-Ensembles, der Opernchor unter der Leitung von Jörg Bingert und die Essener Philharmoniker präsentierten in der Gala Höhepunkte der vergangenen Spielzeiten. Mit launigen Kommentaren führten Dramaturgin Svenja Gottsmann und Chefdramaturg Christian Schröder durch das kurzweilige Programm. Fasziniert lauschte das Publikum der titelgebenden Arie "E lucevan le stelle" aus Puccinis Oper „Tosca." Keine Frage: Mulders brachte während seiner Intendanz besonders viele Sterne zum Leuchten. Das trifft auch auf Jessica Muirhead zu, die an diesem Abend mit "Depuis le jour", aus "Louise von Gustave Charpentier" glänzte. Mulders war auf die Sopranistin aufmerksam geworden, als sie diese zauberhafte Arie vortrug.

Tschaikowskis Polonaise aus "Eugen Onegin", eine Lieblingsoper Mulders, bildete den Auftakt der Gala. Berühmte Arien aus Don Pasquale, Rusalka und Cosi fan tutte folgten. Běda! Běda", die Arie des Wassermanns aus Rusalka interpretierte Karel Martin Ludvik überaus einfühlsam. Der Aalto-Chor erklang mit "Patria opressa" aus Macbeth. Die Verdi Oper war die erste, unter seiner Intendanz.

Mit der Melodie "Steuermann, lass die Wacht" aus dem fliegenden Holländer gabs einen freundlichen Hinweis auf die niederländische Herkunft Mulders, ebenso mit "Sieben Jahre lebt ich in Batavia" aus der Operette der "Vetter aus Dingsda". Die Handlung der Operette spielt in Südholland. Großes Vergnügen bereiteten die drei Tenöre: Carlos Cardoso, Jeffrey Dowd und Dmitry Ivanchey. Sie begeisterten mit "La donna e`mobile" und weckten Erinnerungen an die legendären Ikonen: Pavarotti, Domingo und Carreras.

 

Nur einen Liederwunsch hatte Mulders für den Abend: den Gran Pezzo aus Gioacchino Rossinis „Die Reise nach Reim". Alle 14 Solist*innen stellten sich in eine Reihe und sangen aus vollstem Herzen. Auch nach diesem Höhepunkt war der Abend noch nicht beendet. Es gab noch eine wunderbare Überraschung für Mulders. Hildegard Knefs "Für dich soll's rote Rosen regnen" erklang und rote Rosenblätter rieselten auf die Bühne. Jubelnd und mit Standing Ovation verabschiedete sich das Publikum und das gesamte Ensemble von Mulders.

 

Während der sonntäglichen Matineen saß Mulders fast immer unbemerkt ganz oben im Zuschauerraum und beobachtete konzentriert das Gespräch auf der Bühne. Dort wird man ihn nicht mehr entdecken - vielleicht in Köln, ist ja nicht so weit.

(Ursula Harms-Krupp/ 2.06.2022)