Düsseldorf

 

Deutsche Oper am Rhein

Salome

22. September 2009

 

Musikdrama in einem Aufzug

Nach dem Drama „Salome“ von Oscar Wilde

Regie: Tatjana Gürbaca

Musikalische Leitung: Michael Boder

 

Die neue Intendanz der Rheinoper stellte sich dem Publikum in Duisburg mit „Salome“ von Richard Strauß vor. Kein leichtes Werk, eher eines, das dem Publikum einiges abverlangt. Denn die Oper culminiert auf ein schauerliches Ende hin. Salome löscht ihre gesamte Familie aus und richtet sich selbst zum Schluss mit einer Pistole.

Regisseurin Tatjana Gürbaca, vielfach ausgezeichnet und erstmalig für die deutsche Oper am Rhein tätig, lässt die Handlung in einer spießbürgerlich anmutenden Atmosphäre spielen. In der Wohnzimmeridylle mit Blümchentapete deutet zunächst nichts auf das Horrorszenarium am Schluss hin. Herodes feiert mit seinen Gästen. Darunter ist auch Tochter Salome, die Herodes Feste hasst und nicht nur die, auch die begehrlichen Blicke ihres Stiefvaters verabscheut sie. Sie erfährt, dass Herodes den Propheten Jochanaan, der als Staatsfeind gilt, gefangen hält und besteht darauf ihn zu sehen. Salome ist fasziniert von ihm, doch Jochanaan zeigt ihr nicht nur die kalte Schulter, er verflucht sie zudem mit dem Hinweis auf das lasterhafte Leben ihrer Mutter. Die Zurückweisung erträgt Salome nicht, sie sinnt auf Rache. Herodes bittet sie, für ihn zu tanzen und will ihr dafür jeden Wunsch erfüllen. Salome fordert als Belohnung den Kopf des Propheten.

Regisseurin Tatjana Gürbaca geht dramaturgisch geschickt vor und erarbeitet  mit starken Kontrasten ein Psychogramm der Titelfigur. Sie lenkt die Blicke des Publikums zunächst auf eine Idylle, die nur vorgetäuscht ist, die wie sich schnell herausstellt, es so nicht gibt. Hinter der schönen Fassade brodelt es. Zwar ist Salome die vielumschwärmte Prinzessin, um die sich im Haus alles zu drehen scheint, doch wird schnell deutlich, sie ist zutiefst unglücklich und ihr Unglück hat eine Geschichte.

Morenike Fadayomi in der Titelrolle der Salome steht im Zentrum der Inszenierung. Ihre Ausdruckskraft und ihr kraftvoller Sopran faszinieren, sie nimmt das Publikum mit auf eine Reise, die brutal in Angst, Grauen und einer Blutorgie endet. Warum Salome Amok läuft, lässt die Regie offen, ihre Motive können nur erahnt werden. Der Regisseurin mögen die schrecklichen Amokläufe in der Vergangenheit vor Augen gestanden haben, die nicht nur fassungslos machen, für die es scheinbar auch keine Gründe gibt. Die Inszenierung macht Salomes innere Zerrissenheit nicht transparent. Das scheint bewusst so gewollt. Rückschlüsse auf ihre seelischen Befindlichkeiten können nur durch ihren Tanz gewonnen werden. Ihm wird deshalb neben der Musik, die als bestimmende Kraft wirkt, eine Schlüsselfunktion in der Inszenierung zugeordnet. Der Tanz offenbart die Familiengeschichte, Bilder werden sichtbar, die Salome bisher in ihrem Innersten verschlossen hat. Die Musik dagegen gibt das ganze Spektrum ihrer Stimmungen auf grandiose Weise wieder. Salome singt die schönsten Liebesarien, während sie gleichzeitig mordet. So gelingt letztendlich eine Form der Darstellung, die Dramatik und atemberaubende Beklemmung entwickelt und dabei die verschiedenen Elemente, Gestik, Musik und Szene verbindet. Die Duisburger Philharmoniker unter der Leitung von Michael Boder entwickeln dafür viel Fingerspitzengefühl, begleiten exzellent die Solisten. Regisseurin Gürbaca läßt den Protagonisten eine Menge Spielraum, gibt ihnen gestalterische Freiheit in der Umsetzung ihrer Rollen. Wolfgang Schmitt als Herodes tritt solistisch besonders hervor, Renèe Morloc mimt die grausame, kalte, nur auf ihren Vorteil bedachte Herodias hervorragend und auch Markus Marquardt beeindruckt durch seine Bühnenpräsenz und emotionale Stimmkultur. Bravorufe und viel Beifall für das gesamte Ensemble.

(Ha-K)