Reiseberichte

Asien

 

Kulturschock Indien – oder doch ein Traumland?

-Eine privat organisierte Reise –

 

Wenn man noch nie in Indien war, fragt man sich natürlich spontan, ob eine privat organisierte Reise überhaupt  sinnvoll erscheint, oder ob man nicht besser dran wäre, eine durchgeplante Pauschalreise zu buchen. Man weiß im Allgemeinen  recht wenig über dieses Land – alles ist fremd: Geschichte, Religion, soziales Leben. Man kennt weder Sprache noch Schrift; Verständigung in Englisch ist kein großes Problem und dies ist schließlich die Amtssprache in Indien, aber wird das auch im Land funktionieren?  Wir wollen es wagen.

 

Die Reisevorbereitungen:

 

Wir sind acht Leute, sechs Frauen und zwei Männer – bunt zusammengewürfelt, was die Berufe angeht, auch altersmäßig unterschiedlich. Fest steht die Reisezeit: 30.3. – 18.4.12. Zwei aus dieser Gruppe kennen Indien durch mehrere Reisen sehr gut und machen den „Anfängern“ Mut: wir brauchen zunächst nichts weiter als die (möglichst frühzeitige) Flugbuchung Frankfurt – Delhi – Frankfurt und vor Ort einen zuverlässigen Kleinbus mit Fahrer, denn eines ist von vornherein klar: Indiens Straßenverhältnisse, sei es in den Städten, sei es auf dem Land, sind für Europäer kaum zu bewältigen. Es herrscht Linksverkehr, die Verkehrsregeln bleiben zuweilen ein Geheimnis, auch wenn es in großen Städten Ampelanlagen gibt; Straßennamen sind nur in Großstädten lesbar und auch da nur die Hauptstraßen. Es ist unüblich, dass westliche Besucher selbst Autos leihen und lenken – viele Vermieter gehen da kein Risiko ein. Ein aktueller Reiseführer (Dumont oder Iwanowski) nennt zwar auch Adressen von Reiseveranstaltern, aber wir haben eine von anderen Indien-Fans erprobte und weitergereichte Adresse eines indischen Unternehmers, der uns als zuverlässig beschrieben wird. Mit ihm sprechen wir per email die Bedingungen für unsere Reise ab: Zeitraum und ein vorläufiger, selbst erstellter Reiseplan werden übermittelt und man wird sich handelseinig. Er wird uns am 2. April im Hotel in Delhi abholen und am 18.4. wieder zum Flughafen bringen. Für die ersten zwei Nächte buchen wir selbst aus der Auswahl, die das Internet bietet, ein Hotel in der mittleren Kategorie in der Hoffnung, dass dies unseren Mindestansprüchen gerecht wird. Nunmehr muss jeder Reiseteilnehmer noch für das notwendige Visum sorgen. Man kann dies über Reiseveranstalter erledigen lassen oder – wie wir – alles selbst probieren (gute Englischkenntnisse sind da gefragt). Über die Adresse www.indianembassy.de stellen wir fest, dass es vier verschiedene Konsularabteilungen  gibt, die in Deutschland je nach Bundesland zuständig sind. Für mich ist es das Frankfurter Konsulat, wobei die Visa-Angelegenheiten von einer ausgelagerten Dienststelle bearbeitet werden: www.igcsvisa.de. Es empfiehlt sich, alles frühzeitig in Angriff zu nehmen, denn es nimmt einige Zeit in Anspruch, vorher z. B. das geforderte Foto machen zu lassen (abweichendes Format!), den Fragebogen auszufüllen und auszudrucken und mit dem Pass und dem Zahlungsnachweis für die geforderten Gebühren per Einschreiben dorthin zu schicken.

 

Eine langwierige Reisevorbereitung kann auch in den vorbereitenden Impfungen versteckt sein. Hier hilft das örtlich zuständige Gesundheitsamt bei den Informationen. Der Hausarzt bespricht mit mir meinen aktuellen Impfstatus und wir legen fest, was noch zu erledigen ist. Da unsere Reise in der Hauptsache nach Rajasthan führen wird, gibt es keine Vorschriften, nur Empfehlungen, z. B. die oft vernachlässigte Hepatitis-Impfung durchführen zu lassen. Die Malaria-Prophylaxe wird nur in Form von Tabletten für den Notfall mitgeführt. Die örtliche Apotheke (und der zurate gezogene Reiseführer) helfen, die sinnvolle Reise-Apotheke zusammenzustellen. Wir besorgen auch für alle Fälle jeder noch einen Reiseschlafsack und ein Moskitonetz. Die Koffer (bzw. besser: Reisetaschen mit Rollen) werden gepackt.

 

…und dann geht’s endlich los/der erste Tag

 

Treffpunkt Flughafen Ffm – Check-in-Schalter. Das Flugzeug hebt sehr pünktlich um 22.10 h ab und wir sind nach nicht ganz 8 Stunden in Delhi, fast zweieinhalb Stunden eher, als auf dem Flugschein steht – die Air India hat sich wohl bei der Berücksichtigung unserer Sommerzeit in der falschen Richtung vertan. Dies hat zur Folge, dass wir nun recht viel Zeit haben, bis unser Abholservice vom Hotel erscheint. Wir nutzen die Zeit zum Devisentausch und kaufen für jedes Handy eine indische Prepaid-SIM-card. Auch dafür braucht man wieder ein aktuelles Foto in indischem Format. Diese Maßnahme ist für uns sehr sinnvoll, denn zu acht Personen können wir uns nicht überall als geschlossene Gruppe bewegen. Wir müssen uns verständigen können, falls wir uns aus den Augen verlieren. Telefonieren ist in Indien ausgesprochen billig: mit meinem ersten Guthaben über 200 indische Rupien (ca. € 3) kam ich mehr als eine Woche aus und habe dabei noch mehrere kurze Gespräche nach Deutschland geführt. Wenn man einen der großen Anbieter als Vertragspartner wählt, kann man in den meisten Orten wieder aufladen.

 

Dann endlich kommt der Abholservice. Nach einer kunstvollen Verladeaktion unserer Gepäckstücke werden wir mit zwei Autos quer durch die Stadt zum Hotel gebracht. Die Fahrt ist rasant; ständiges Hupen begleitet uns. Es herrscht ein ohrenbetäubender Lärm in der Innenstadt – Autos, Motorräder, Mopeds, Fahrräder, Rikschas, die Massen von Autoscootern, die als Taxi in jeden Winkel der Stadt kurven. Alle fahren in für uns kaum berechenbaren Bahnen, hupen, drängeln sich nach der besten Ausgangsposition suchend vor den Ampeln, Menschen bewegen sich dazwischen zu Fuß über die Straße,  laute Musik dringt ans Ohr – wir tauchen zum ersten Mal ein in eine völlig fremde Welt.

 

Das Hotel wird gefunden.  Die Zimmer erweisen sich als akzeptabel. Nach dem Duschen schwimmt wohl das ganze Badezimmer – wie sich später herausstellt, ist das nicht nur hier so – aber es trocknet auch wieder. Die Klimaanlage ist ein wenig laut und recht kalt, man kann sie nicht individuell einstellen. Auch das ist im weiteren Verlauf der Reise mehrmals vorgekommen: entweder man hat’s zu warm oder zu kalt. Man kann natürlich auch die vielerorts vorhandenen internationalen Hotelketten ansteuern, die preislich deutlich höher liegen, aber unsere Vorstellung ist, doch möglichst in indischen Mittelklasse-Hotels zu wohnen und dabei einen besseren Einblick ins indische Leben zu erhalten.  Noch am gleichen Tag stürzen wir uns in dieses indische Leben, indem wir zur nächsten Hauptstraße gehen und dort zwei der überall anzutreffenden grün-gelben Autoscooter (auch Tuk-Tuk genannt) für die Fahrt zum Connaught-Place – dem absoluten Zentrum von Delhi – mieten. Dafür sind gute Verhandlungstaktiken gefragt, wenn man nicht völlig überzogene Preise bezahlen will.

Nichts geht in Indien ohne vorherige Preisabsprachen, selten gibt es „fixed price“, man muss schon vorher eine Vorstellung haben, was das Ganze kosten darf. In unserem Fall liegt die „Verhandlungsmasse“ bei  8 Personen = 2 Scooter – es findet sich fast immer einer, der als Sprecher über eine gewisse Anzahl dieser Gefährte verfügt und den Gesamtpreis aushandelt.  Wir lassen uns in der Nähe der „Tourist Information“ absetzen und erhalten dort einen Innenstadt-Plan sowie die Adresse eines guten indischen Restaurants in fußläufiger Entfernung. Das „Pand Palucci“ stellt sich tatsächlich als sehr indisch heraus, wir sind die einzigen Ausländer da, das Ambiente ist aber sehr angenehm und die Bedienung  freundlich. 

Die Speisekarte gibt es auch in englischer Sprache, aber die Speisenbezeichnung umschreibt nur in etwa den Inhalt. Die Meinung ist geteilt: diejenigen, die ohnehin gerne etwas schärfer essen, sind sehr angetan, aber ich habe Schwierigkeiten, die Schärfe meiner Spinatküchlein mit meinem europäischen Gaumen zu vereinbaren. Dies wird sich im weiteren Verlauf der Reise ändern: unterwegs hat zum Teil  unser Fahrer durch Kontakt-Aufnahme mit der Küche dafür gesorgt, dass nicht zu viele Gewürze in die für uns gekochten Speisen kam, zum Teil habe ich mich auch einfach daran gewöhnt und fand  sehr viele Gerichte ausgesprochen lecker. Die Hälfte des Angebots ist vegetarisch und von großer Vielfalt. Fleischspeisen sind naturgemäß ziemlich eingeschränkt: Schwein gibt es nicht, Rind selten, Lamm gibt es oft (meist ist es allerdings nicht das erwartete zarte Lamm, sondern ein ziemlich trockener Hammel), die Alternative ist immer Geflügel in vielerlei Ausführung, überwiegend sehr lecker. In den Restaurants kann man meistens auch schon bei der Bestellung mitteilen, wie „hot“ es sein darf; dies ist abhängig von den mehr oder wenig guten Englisch-Kenntnissen des Obers. Und wie gesagt: man gewöhnt sich! Wir haben an unserem letzten Tag noch einmal im „Pand Palucci“ gegessen und ich kam wunderbar mit dem Angebot zurecht.

 

Der Reiseplan

 

Die Reise wird uns nach einem weiteren Tag in Delhi nach Agra führen, nach Jaipur, Jodhpur, Jaisalmer, Bikaner, Amritsar, Dharamsala und über Chandigarh wieder zurück nach Delhi: alles in allem werden wir ca. 3.500 km in knapp drei Wochen zurücklegen. Zunächst sind wir noch in Delhi:

 

Hier sind wir im Roten Fort von Delhi, dem Lal Qila, Sitz der Mogulherrscher, von Shah Jahan ab dem Jahr 1639 in neun Jahren erbaut. Hier im Diwan-i-Aam, der 60 solcher Säulen in perfekter Anordnung aufweist, wurden unter einem Steinbaldachin die täglichen Audienzen abgehalten. In der  schönen Gartenanlage, deren Außenmaße ca. 200x400m beträgt, gibt es noch das Frauenhaus,  das Gebetshaus, das Hamam, die berühmte Perlenmoschee, errichtet 1659, und vieles mehr zum Sattsehen.

 

Allein in Dehli könnte man sich viele Tage aufhalten: Old-Delhi, sowie die Moschee Jami Masjid als größte Moschee Indiens vermitteln Eindrücke, die man nicht vergisst. Nicht auslassen wollen wir auch „Humayums Grabmal“.  Es ist das erste der vielen prächtigen Grabmäler, in perfekter Symmetrie erbaut und bildet eine Vorläufer-Architektur für das Taj Mahal, das wir schon bald sehen werden:

 

Von zeitloser Schönheit: Das Taj Mahal, millionenfach fotografiert
Von zeitloser Schönheit: Das Taj Mahal, millionenfach fotografiert

 

Bei Sonnenaufgang am schönsten, millionenfach fotografiert, man weiß wie es aussieht, und dennoch: sobald man den ersten Blick auf dieses Gebäude wirft, ist man zutiefst beeindruckt von seiner Schönheit und  majestätischen Größe, die sich perfekt in den Wasserbecken spiegelt. Die Kuppel ragt mit ihrer Spitze 44 m hoch. Die Marmorfassade ist über und über mit feinen Blumenmotiven und Intarsien verziert. Die perfekte Symmetrie wird betont von den vier Minaretten, jedes 40 m hoch. Das Gartenmausoleum soll ein Abbild des islamischen Paradieses darstellen. Trotz der frühen Morgenstunde sind schon Hunderte von Besuchern hier. Das Grabmal selbst darf nur entweder barfuß oder mit Schuhschonern betreten werden. Vom Flußufer gegenüber genießen wir am Abend noch einmal den Blick auf dieses traumhafte Gebäude bei Sonnenuntergang.

 

In Agra unbedingt ebenfalls besichtigen: das Grabmal für Itimad-ud-Daulah, dem Schatzkanzler des Mogulreichs, erbaut ab 1622 – kurz vor dem Taj Mahal. Es weist eine polierte Marmorfassade auf, ist mit wunderbaren Steinintarsien verziert und ist der bauliche Vorläufer, landläufig deswegen auch „Baby-Taj“ genannt.

 

 

 

 

Auf dem Weg nach Jaipur: die riesige Anlage von Fatehpur Sikri, für einige Jahre Hauptstadt des Mogulreiches.

 

Der königliche Bezirk des Herrschers Akbar ist eine weitläufige Anlage, in der man die Gebäude der Audienzhalle, der Schatzkammer, Schlafkammern, Haremshaus besichtigen kann.

 

 

In Jaipur auf keinen Fall versäumen: den berühmten „Palast der Winde“, das Wahrzeichen der Pink City. Gleich daneben die lebhaften Innenstadt-Straßen und Bazargassen für Stoffe, Schmuck, Bücher, Waren des täglichen Bedarfs, man taucht ein in ein buntes, lautes Gedränge, nimmt die unterschiedlichsten Gerüche wahr.

 

Die Ladengeschäfte sind zur Straße offen. Bei Kaufinteresse betritt man den Laden ohne Schuhe und läßt sich bequem nieder.

Die Verkäufer breiten mit großem Eifer ihre Ware aus. Nach langwierigen Verhandlungen verläßt man das Geschäft schließlich mit mehr als dem einen Schal, den man eigentlich erwerben wollte …

 

"Beim Staat angestellt"

die Elefanten von Amber, das 12 km von Jaipur entfernt liegt, sind geschützt und werden von ihrem Mahout versorgt. Wir sahen sie morgens zur Arbeit gehen. Sie tragen die Touristen paarweise den Hügel hinauf zum Jaigarh Fort, einem Prachtbau, der hauptsächlich im 17. Jrh. errichtet wurde. Um die Tiere nicht zu überanstrengen, dürfen sie nur von 8.00 h bis 12.00 h laufen. Man muss sich also zeitig anstellen, denn die Zahl der Touristen, die dieses Erlebnis nicht missen wollen, ist groß.

 

 

Zauberhaft:  Jaigarth Fort
Zauberhaft: Jaigarth Fort

Unglaublicher Reichtum und Kunstfertigkeit bringen Gebäude und Räume von perfekter Schönheit hervor. Im Spiegelsaal genügte eine Kerze, um zauberhafte Lichteffekte hervorzubringen und den Saal zu erhellen.

 

Auf der Fahrt nach Jodhpur liegt Pushkar, ein Brahma-Heiligtum (oder wie eine bayrische Touristin bemerkte: „dös is Alt-Ötting auf indisch!!!!“). Wie auch immer man es sehen will: tausende von Pilgern drängen sich an jedem Tag des Jahres durch die kleine Stadt, die bis zu 400 Tempel beherbergen soll, um sich an einem der Ghats (Zugänge zum Pushkar Lake) von den Sünden reinzuwaschen und im Tempel Erlösung zu finden.

 

 

Heilige Männer streifen durch die Bazarstraßen. Wer „Puja“ (= Opfer) gibt, hat Aussicht auf Erlösung. Von unserem Fahrer haben wir allerdings die strenge Anweisung „no puja“ auf den Weg bekommen. Er wird wohl wissen, weshalb er das sagt.

Unterwegs von Pushkar nach Jodhpur müssen wir lange Zeit über kleinere Landstraßen fahren. Nachdem wir nun schließlich vom Hunger übermannt wurden, soll an dieser Stelle berichtet werden, dass wir zunehmend mutiger wurden, zum Mittagessen auch einfache „Dhabas“ aufzusuchen.

 

Trotz ungewöhnlicher Uhrzeit wurde für uns im Steinofen sofort Brot gebacken und ein „Dal“, das indische Linsengericht, zubereitet. Es sei angemerkt, dass keiner aus der Gruppe im Verlauf der Reise krank wurde. Wir wurden immer und überall freundlich und aufmerksam bedient. In Gegenden wie dieser hilft allerdings keine englische Sprachkenntnis. Ohne unseren landeskundigen Fahrer wären solche Erlebnisse unmöglich gewesen.

 

In Jodhpur wohnen wir für zwei Nächte in einem Haveli, einem ehemaligen Stadtpalais, das zu einem der an vielen Orten vorhandenen Heritage-Hotels umgebaut wurde. Man darf sich in edle Kreise versetzt fühlen: Die Zimmer und Badezimmer sind entsprechend groß, die Betten von mehr als bequemem Ausmaß. Das Frühstück ist wie fast überall in Indien: die englische Kolonialmacht hat neben Butter und Marmelade nur noch Toasts sowie Rührei und Tee in verschiedenster Ausführung vorgesehen. In einem Fall erhielten wir allerdings zusätzlich den englischen porridge, den die meisten der Gruppe mit Schaudern betrachteten. Die Preise sind auch hier moderat: wir bezahlen für ein Doppelzimmer mit Frühstück ca. € 45.

 

In Jodhpur muss man unbedingt Gewürz- und Teeläden aufsuchen. Auch der Markt, der sich über viele Straßen der Innenstadt hinzieht, ist voll von Menschen, bunt, laut und bietet alles, was das Herz der indischen Hausfrau begehrt. Dazwischen laufen auch die berühmten indischen Kühe herum, offenbar wohl wissend, dass niemand sie verjagt.

 

Hier erwartet uns ein absolutes Highlight: das großartige Mehrangarh-Fort. Es thront hoch über der blauen Stadt (schön von oben zu sehen: viele der Stadthäuser sind tatsächlich in dieser Farbe gestrichen). Seine Außenmauern ragen bis zu 40 m hoch und sollen stellenweise bis zu 24 m dick sein

Seine Ursprünge gehen auf das Jahr 1459 zurück, in seiner jetzigen Form wurde es zwischen dem 17. und 19. Jrh. ausgebaut. In seinem Inneren finden sich sehr sehenswerte Museen (Waffen, Bilder, königliche Wiegen) und Gemächer von einer bisher nicht gesehenen Pracht:

 

Von faszinierender Schönheit: das Innere des Mehrangarh-Forts
Von faszinierender Schönheit: das Innere des Mehrangarh-Forts

Die Stadt Osian liegt auf dem Weg nach Jaisalmer. Hier begegnen wir dem Jainismus. In einem der schönsten Tempel werden wir vom dortigen Priester geführt, der uns in verständlichem Englisch die Regeln der Jains erklärt.

 

 

Von erlesener Schönheit ist diese diese Säule. Sie wurde vor ca. 1000 Jahren angefertigt.

 

Zwischen diesen Städten liegen Strecken von 200 bis 400 Kilometern. Auch wenn wir auf guten Straßen unterwegs sind, benötigen wir immer mindestens einen halben Tag für die Strecke. Die maximale Geschwindigkeit liegt bei 80 km/h, es herrscht lebhafter Verkehr und der Straßenzustand ist nicht überall zufriedenstellend.

 


Strenge Jains nehmen 10 Minuten nach Sonnenaufgang Wasser und Nahrung zu sich sowie nach Sonnenuntergang. Keine tierischen Produkte werden verwendet, kein Lebewesen darf getötet werden, weshalb auch das Tragen von Leder nicht erlaubt ist. Alles wird zu Fuß erledigt.

 

Jaisalmer liegt am Rande der Wüste Thar. Die Temperaturen steigen jetzt im April merklich an. Die beeindruckende Lage der Altstadt hoch auf dem Rücken des Hügels hat große Nachteile. Bedingt durch die Bemühungen um die Begrünung der Wüste gibt es ein Wasserproblem: durch das sehr trockene Klima wurden ursprünglich keine Vorrichtungen vorgesehen, in denen Wasser ablaufen könnte. Die Altstadt wird aber mit fließendem Wasser versorgt, das an etlichen Stellen austritt und den Stein zersetzt. Das Problem wartet auf Lösung.

Der Anblick der Stadt in der späten Abendsonne ist einfach umwerfend!

 

Die Altstadt ist bewohnt und präsentiert sich mit lebhaftem Alltagsleben sowie mit einem Palastkomplex, Jain-Tempeln, die zur Besichtigung frei sind und vielen hübschen Restaurants, auch mit „Roof top“, von wo aus wir beim Abendessen auf die Lichter der in der Ebene liegenden Stadt blicken.

 

 

 

Auch in der Wüstenstadt Bikaner, dem nächsten Ziel unserer Reise,  gibt es ein sehenswertes Herrscherhaus zu sehen, sowie eine große Zuchtstation für die „Wüstenschiffe“:

 

 

Dieses wurde einen Tag zuvor geboren. Für die Mutigen: man kann auch Kamelmilch probieren.

 

Weiter geht es ca. 500 km, für die mindestens 8 Stunden veranschlagt werden müssen, immer entlang der Wüste. Dann erreichen wir einen weiteren Höhepunkt dieser Reise: die Stadt Amritsar hat eine spektakuläre Attraktion: den goldenen Tempel, das absolute Heiligtum der Sikhs:

 

 

Der Tempelbezirk ist ein riesiger Komplex mit Verwaltung, Museum usw. Das Hauptheiligtum liegt mitten im Amrit Sarovar = Nektarteich, an dem sich die Gläubigen reinigen, bevor sie sich in die Reihe der Wallfahrer begeben und über einen 60 m langen Damm Schritt für Schritt dem „Guru Granth Sahib“ nähern, dem heiligen Buch, aus dem von morgens bis abends die Priester Verse rezitieren. Über riesige Lautsprecher-Anlagen sind die Gesänge in der gesamten Anlage zu hören. Auch wir als Touristen müssen unsere Schuhe im Schuhhaus abgeben, Frauen müssen den Kopf bedecken und beim Betreten der Anlage durch ein Wasserbecken waten, um mit gereinigten Füßen den Tempelbezirk zu betreten.

Zum Tempelbezirk gehört auch eine Garküche, die allen Pilgern ein kostenloses Essen reicht. Ein beeindruckendes Erlebnis!

Nach weiteren ca. 200 km, für die wir zwischen 4 und 5 Stunden benötigen, erwartet uns nun endlich nicht nur kühlere Luft, sondern vor allem eine grandiose Landschaft:

 

Wir sind am Fuße des Himalaya angelangt! Die Straße wird immer schmaler, sie windet sich in unzähligen Kurven den Berg hinauf. Da unser Tourist-Kleinbus nicht das einzige Fahrzeug ist, das hier unterwegs ist, ergeben sich manchmal abenteuerliche Überholvorgänge.

 

Unsere Unterkunft befindet sich in McLeod Ganj, einige km von Dharamshala in den Bergen gelegen. Dort haben die aus Tibet vertriebenen Menschen eine neue Heimat gefunden, auch der Dalai Lama lebt dort. Der Ort ist bevölkert von vielen Touristen. Er ist Ausgangspunkt für Himalaya-Trekking-Touren, manche sind auch aus religiöser Neugier hier, es gibt buddhistische Tempel und viele Wege, an denen entlang die buddhistischen Gebetsfahren aufgehängt sind. Die Tibeter leben vom Verkauf der selbst hergestellten traditionellen Waren: viel Gestricktes, viele Schmuckwaren.

 

Nachmittags kann man die Debattierschule der buddhistischen Mönche besuchen. Auch wenn man nichts versteht, so ist doch der konzentrierte Ernst, mit dem zumeist zu zweit debattiert wird, interessant zu beobachten. Auch an der buddhistischen Andacht im Tempel darf man teilnehmen.

 

Die rot gekleideten Mönche gehören zum Straßenbild. Es gibt ein tibetisches Museum und eine tibetische Bibliothek. Auch wenn man sich keiner Trekking-Tour anschließen will, kann man in der Umgebung schöne Wanderungen unternehmen.

 

"Rock Garden", gehört zu den meistbesuchten Sehenswürdigkeiten in Indien
"Rock Garden", gehört zu den meistbesuchten Sehenswürdigkeiten in Indien

 

Unsere Reise führt uns wieder die Berge hinab in die Ebene. Nach 240 km erreichen wir Chandigarh. Hier haben wir den absoluten Gegensatz zur seitherigen Reise: diese Stadt wurde von Le Corbusier in den 50er Jahren entworfen; 57 Blöcke oder Sektoren sind durchnummeriert, die Straßen breit; es ist die erste Stadt des modernen Indien. Eine Hauptattraktion ist hier der „Rock Garden“: der Künstler Nek Chand schuf ein Landschaftsprojekt auf 1,6 Hektar Fläche: in Stein gestaltete Landschaft mit Hügeln, Wasserfällen und Höhlen, man geht hindurch wie in einem Labyrinth, entdeckt an jeder Biegung neue Formen. Skulpturen aus Abfallmaterialien wie z.B. Glas, Tonscherben, Steckdosen, Neonröhren etc. bevölkern den Weg und fordern unser Nachdenken über den Umgang mit der Umwelt.

 

Man versichert uns, dass der Rock Garden zu den meist besuchten Sehenswürdigkeiten Indiens gerechnet wird. Tatsächlich herrscht an manchen Stellen großes Gedränge.

 

Das moderne Indien begegnet uns dann noch dadurch, dass wir Gelegenheit erhalten, die indische Produktionsstätte eines deutschen Landmaschinenherstellers zu besichtigen. Der indische Produktionsleiter und der deutsche Marketingleiter führen uns durch das Werk und stehen für unsere vielen Fragen nach den gegenwärtigen Arbeitsverhältnissen zur Verfügung: es gibt Mindestlohn, aber es wird von Firmen wie dieser deutlich darüber entlohnt. Wir erfahren einiges über die Fortschritte in der Landwirtschaft und die Entwicklung der Grundstückspreise. Zum Schluss sind wir sogar eingeladen, in der Werkskantine zu essen, die allen Mitarbeitern zur Verfügung steht

 

Die Rückfahrt nach Delhi steht an. Unser Fahrer drängt auf zeitigen Aufbruch. Kurz vor Delhi wissen wir warum. Er biegt von der Hauptstraße ab und fährt in sein Dorf: wir sind eingeladen bei seiner Familie! Vorher holen wir die Tochter von der Schule ab. Rektor und Lehrer der Schule erwarten uns mit einem kleinen Snack und wir dürfen die Schule besichtigen:

 

Hier gibt es strenge Regeln. Wenn der Rektor erscheint, stehen alle stramm, auch die Lehrerin.

 

Im Dorf wird der Bus mit den Fremden unverhohlen bestaunt. Hier wohnen die Familien zwar in getrennten Wohnungen, aber der familiäre Clan ist gleich nebenan: die Häuser sind so verschachtelt gebaut, dass man nicht auf Anhieb sieht, wo die eine und wo die andere Wohnung betreten wird. Gemeinsam hat man auch die Kuh im Stall. Die ganze Familie erwartet uns und wir werden mit einem typisch indischen vegetarischen Essen bewirtet: verschiedene Gemüse einschließlich "Dal" und Reis. Es war köstlich.

 

Darüber hinaus erleben wir den harmonischen Umgang der Familienmitglieder miteinander. Es war eine gelungene Überraschung an unserem letzten Tag.

Gut und sicher erreichen wir das Hotel in Delhi für die letzte Übernachtung.

 

 

War Indien nun ein Kulturschock?

Auf unserer Reise haben wir so vieles gesehen: die mangelhafte Infrastruktur der Kanalisation und der Elektroanlagen in den Innenstädten: Extrem ist dies natürlich in den alten Vierteln einer Stadt, wie hier in Old Delhi.

Wir haben zwar Bauern gesehen, die den Boden mit Ochse und Pflug bearbeiten, aber wir sahen auch immer wieder, wie Landmaschinen über die Straßen transportiert wurden. Die Bauern schließen sich in Kooperativen zusammen, um gemeinsam die teuren Maschinen benutzen zu können.

 Wir sahen überall Menschen fleißig und zumeist freundlich ihrer Arbeit nachgehen; wir begegneten bildungshungrigen jungen Menschen, die ehrgeizige Vorstellungen für ihre Zukunft haben. Das Kastenwesen ist zwar längst per Gesetz abgeschafft, aber trotzdem herrscht noch vielfach traditionelles Denken, so dass z. B. oft Ehen arrangiert werden, man lese die Seiten für Heiratsanzeigen in der „Hindustan Times“: hier suchen die Eltern für ihre Kinder die adäquaten Partner. Geändert hat sich vielleicht, dass heutzutage eine gebildete Frau mehr wert ist, denn dies wird häufig als positive Eigenschaft gefordert, bzw. angeboten.

 

Vieles, sogar sehr vieles ist anders und fremd in diesem Land. Wir sahen den geringen Lebensstandard vieler Menschen, aber  gebettelt wird nur dort,  wo Touristen in Massen auftreten, aber nicht, wenn man einfach irgendwo über eine normale Einkaufsstraße schlendert oder über einen indischen Markt geht. Ob man diese Eindrücke als Kulturschock wahrnimmt, mag individuell verschieden sein. Für unsere Gruppe war es das nicht.  Es ist sicherlich vieles verbesserungswürdig, wie wir nicht zuletzt durch viele Zeitungsartikel wissen, aber wir haben versucht, mit offenen Augen und wachem Interesse das Andere aufzunehmen und zu sehen, wie ein Entwicklungsland in seine Zukunft strebt. Ein Traumland ist es dort, wo landschaftliche Schönheiten und Sehenswürdigkeiten im Rang des Weltkulturerbes bewundert werden können.

 

 

5.7.12/GBW