Essen
Kunst
Komödie von Yasmina Reza / Übersetzung von Eugen Helmlé
Inszenierung: Anne Spaeter
Bühne und Kostüme: Fabian Lüdicke
Dramaturgie: Jana Zipse
Gesehen am 18.10.2015 im Grillo-Theater, Essen
Drei Schauspieler sind in Höchstform: Jan Pröhl als Marc, Thomas Büchel als Serge, Gregor Henze als Yvan – Sie sind Freunde seit sehr vielen Jahren, nun nicht einer Meinung. Der Gegenstand, der als Auslöser für einen furiosen Meinungsaustausch fungiert, ist ein Bild, ein modernes Gemälde, das Serge für sagenhafte € 60.000 gekauft hat. Serge unterstreicht damit seinen bildungsbürgerlichen, geradezu elitären Status. Der bodenständige Marc findet es einfach „Scheiße“ und der Dritte – Yvan – soll als Vermittler die bisherige freundschaftliche Basis wieder herstellen helfen. Als Zuschauer sehen wir das Bild nicht. Es ist auch gar nicht nötig, denn vorstellen können wir, die wir ja selbst bildungsbürgerlich unterwegs sind, uns das auch so: es handelt sich um ein weißes Gemälde mit weißen Streifen, gemalt von einem sehr berühmten und sogar im Centre Pompidou ausgestellten Maler. Zwischen den Freunden entwickelt sich ein Meinungsaustausch, der zusehends sich steigernde „Wahrheiten“ ans Licht bringt, alte und neue Verletzungen aufreißt.
Reza erweist sich als Meisterin der Eskalation. (Mit Roman Polanski produzierte sie 2011 den Film „Der Gott des Gemetzels“, der international bekannt wurde). Sie ist eine der weltweit meistgespielten zeitgenössischen Theaterautorinnen. In der weißen Designer-Welt der Essener Bühne verschaffen sich eigentlich längst verdrängte Aggressionen und Gekränktheiten Luft – für die jeweiligen Standpunkte werden sogar Seneca und Adorno bemüht. Alles in allem aber: grandios komisch, an keiner Stelle flach, große Unterhaltung.
Ach, gehen Sie einfach rein. Sie werden vergnügt nach Hause gehen und auch noch etwas zum Nachdenken mitnehmen. Das Essener Publikum ist begeistert, den Vorstellungen droht Ausverkauf.
19.10.15/GBW
Weitere Vorstellungen: 22.10./29.10./9.11./9.12./30.12.15