Hans-Christian Schink
Zwischen Lemmersdorf und Kleisthöhe, 2016
aus der Serie „Hinterland“, 2012-2019
Wuppertal
Die neue Ausstellung im von-der-Heydt-Museum trägt den Titel „Freundschaftsanfrage No.1.“ Präsentiert wird sie vom 27. Februar bis zum 10. Juli. 2022.
Ein Museum wird geprägt durch seine einzigartigen Werke. Sie bestimmen den Charakter einer Sammlung, betont Museumsleiter Dr. Roland Mönig zu Beginn der Pressekonferenz (25.02.2022). Um Vollständigkeit gehe es nicht, eine Sammlung sei immer lückenhaft. Neu erworbene Werke ermöglichen neue Dialoge und Sequenzen.
Mit der Ausstellungsreihe „Freundschaftsanfrage", sollen Besucher*innen die Sammlung neu entdecken, eine andere Sicht gewinnen und eine neue Perspektive auf bereits Vertrautes erhalten. Insgesamt treten 33 Landschaften des 19. Jahrhunderts aus dem Bestand des von-der-Heydt Museums mit 93 Fotografien von Hans-Christian Schink in einen Dialog.
Präsentiert werden u.a. Arbeiten von Künstlern wie Caspar David Friedrich, Ferdinand Hodler, Claude Monet, Paul Cézanne und Vincent van Gogh. Schink stellt ihnen zeitgenössische fotografische Arbeiten gegenüber.
Der Gründungsvater des von-der-Heydt-Museums, Friedrich Fries,
erwarb 1902 als erstes Werk ein Gemälde des englischen Landschaftsmalers "John Constable". Er beschäftigte sich intensiv mit Naturstudien und schuf bedeutende Landschaftsbilder. Sein Frühwerk war stark beeinflusst von den Malern: Jan van Ruisdahl und Claude Lorrain.
In den sozialen Medien wird der Begriff der „Freundschaftsanfrage“ häufig verwendet. Nun hat er seinen Weg auch ins von-der-Heydt-Museum gefunden. Renommierte, zeitgenössische Künstler werden eingeladen sich mit den Museumsbeständen auseinanderzusetzen um Impulse für eigene Werke zu erhalten und künstlerisch umzusetzen. Ausgewählte Arbeiten der Gäste möchte das Museum gerne in seinen Bestand aufnehmen.
Die erste Freundschaftsanfrage gilt Hans Christian Schlink, (geboren 1964 in Erfurt), einem bekannten Fotografen, dessen Schwerpunkte Landschafts- und Architekturfotografie sind. Schink nahm das Freundschaftsangebot mit großer Freude an und erarbeitete gemeinsam mit der Kuratorin, Dr. Beate Eickhoff, das Ausstellungskonzept. Die Codes und Konventionen des Genres Landschaft kennt er sehr genau. Seit vielen Jahren bereist er die Welt, richtet seine Wahrnehmung auf die spezielle Atmosphäre eines Ortes, die er in seinen Kompositionen zu fassen versucht. Dabei ist seine künstlerische Haltung geprägt von Experimentierfreude und Sensibilität für das Gesehene. Dass sich der zeitgenössische Fotograf dem 19. Jahrhundert und der Romantik verbunden fühlt, zeigen motivische Parallelen in seinem Projekt "Aqua Claudia".
Im von der Heydt Museum stellt er seine Arbeiten den Gemälden und Grafiken von Caspar David Friedrich, John Constable, Gustave Courbet, Vincent van Gogh, Alfred Sisley und Edvard Munch gegenüber. Zwei jüngere Werkgruppen „Hinterland“ und „Unter Wasser“ verdienen besondere Aufmerksamkeit. Die spezielle Arbeitsweise des Fotografen, sein analytisches Sehen mit denen er malerische Bilder produziert, sind hier deutlich zu erkennen.
Die Ausstellung beginnt im 1. Obergeschoß des Museums und erstreckt sich über sieben Räume. Raum eins zeigt frühe Arbeiten Schinks, sogenannte „Bürobilder.“ In den 90er Jahren gestaltete er sein Umfeld neu und schuf die schlichten Ansichten: einen minimalistisch ausgestatteten Raum mit Fußboden, weißen Wandflächen, abgehängter Decke mit Raumbeleuchtung. Diesen Raum stellt er in Beziehung zu einem Bergpanorama-Gemälde von Ferdinand Hodler. Besucher*innen sehen sich mit der Fragestellung konfrontiert, wo Gemeinsamkeiten der beiden Künstler zu erkennen sind. Parallelen gibt es in der Behandlung der Flächen. Schinks Bilder fallen durch horizontale Linien, die an Landschaften erinnern, auf. Sie wirken leer und ruhig. Hodler schafft eine monochrome Fläche, zieht horizontale Linien, legt Farbflächen übereinander und verzichtet auf die Perspektive. Mit der Berggruppe schafft er ein harmonisches Ensemble, welches ein Gefühl der Weite und Distanz vermittelt. Mit seiner Technik macht er schon einen Schritt in die Abstraktion. Im Zentrum seiner Kunsttheorie steht der Parallelismus, der den Aufbau der sichtbaren Natur bis ins kleinste Detail regeln soll. Hodler schreibt ihm Harmonie und Einheit in der Gestaltung eines Gemäldes zu.
Italienische Landschaft und Schinks Serie "Aqua Claudia" werden in Raum zwei zusammengeführt. Deutsche Maler brachen im 19. Jahrhundert in Scharen nach Italien auf. Die Phänomene Licht und Wärme lockten sie an. Schink weilte ein Jahr in Rom. Ein Stipendium ermöglichte ihm einen Aufenthalt in der Villa Massimo.
"Die Deutsche Akademie Villa Massimo in Rom ist heute die größte Einrichtung der Bundesrepublik Deutschland zur Förderung hochbegabter deutscher Künstlerinnen und Künstler durch Studienaufenthalte im Ausland. Sie wird verwaltet von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien". Schink fotografierte eine fast 70 km antike Wasserleitung für sein Projekt "Aqua Claudia", die sich durch verschiedene Orte schlängelt. Sein fotografisches Auge ordnet die Landschaft. Schinks Interesse weckte der urbane Raum, indem sich das Bauwerk integriert und bis heute behauptet.
Pinien sind der Inbegriff südländischer Landschaft. Maler der Romantik: Oswald Achenbach, Carl Rottmann und Friedrich Nearly haben sie bereits vor 200 Jahren auf die Leinwand gebannt. In Schinks Kompositionen tauchen sie ohne romantische Verklärung auf. Und doch blitzt die Erinnerung an diese Epoche auf.
Im dritten Raum gegenübergestellt: Alfred Sisley "Winterlandschaft" und Schinks Bild "Arasawa"aus der Japan Serie Niigata von 2009. Fotografie oder gemalt?
Was hat der Fotograf gesehen? Was hat er umgesetzt? Anhand von Parallelen und Differenzen ist viel über die Arbeitsweise Schinks zu erfahren.
Letzter Ausstellungsraum: die 2005 gemachten Fotoaufnahmen in Vietnam im Nationalpark „Bach Ma“ Sie vermitteln die besondere Stimmung eines Dschungels und treten in einen Dialog mit der Malerei des deutschen und französischen Naturalismus. Äste und Laub zeigen eine vollendete Ästhetik. Die vier großen Bilder vermitteln eine besondere Aura und erinnern Schink an den Thüringer Wald.
Dazu hat der Fotograf Otto Modersohn-Beckers Gemälde „Mondaufgang im Moor“, ausgewählt.
Parallelen beider Werke ergeben sich im Aufbau der Komposition und in den stilisierten Bäumen. Die Wahl des Modersohn-Becker Gemäldes überraschte die Kuratorin. Darauf wäre sie von alleine nicht gekommen, bekannte sie.
Öffnungszeiten: Di-So: 11-18 Uhr, Do: 11-20 Uhr
Eintritt 12 € und Ermäßigungen.
Ein Thema der Ausstellung: Spiegelungen! Monet hat sich zeitlebens damit beschäftigt.
Schon immer spannend
für Landschaftsaufnahmen: das Sichtbarmachen der Natur, was hat der Künstler gesehen, was ist abbildbar, was malt er schließlich?
Frau Dr. Eickhoff erwähnt:
Auswahlkriterien für die Gegenüberstellungen der Fotos und Gemälde in der Ausstellung: motivische Ähnlichkeit, Atmosphäre (Weite, Ferne)
Eines seiner aufwendigsten Projekte: das "1 Stunden Projekt". An 30 Orten weltweit richtete Schink für eine Stunde die Kamera auf die Sonne. Mit den Elementen Licht und Zeit ergaben sich einmalige Naturschauspiele, die nicht wiederholbar sind. Das Projekt hat einen mystischen Charakter. „Munchs Sternennacht" passt wunderbar dazu.
Eine besondere Affinität hat der Fotograf zu Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg. Die Werkgruppe "Unter Wasser" wird erstmalig im von-der-Heydt Museum präsentiert. Er richtete die Unterwasserkamera in die Tiefen von Seen und Tümpeln und fotografierte faszinierende Unterwasser- Landschaften, die die Fantasie beflügeln und an verwunschene Zeiten erinnern.
Führungen: Jeden 2. Und 4. Sonntag im Monat, jeweils 15.30Uhr.
Führungen finden für max. 20 Personen vor Ort oder digital statt.
Tickets dafür gibt es im Online-Shop Kosten: 4 Euro (zzgl. Eintritt).