Essen

Nathan der Weise

Premiere, Grillo-Theater

15.05.2010, 19:30 Uhr

 

Das Warten hat ein Ende: Nachdem die für Dezember 2009 geplante Premiere von „Nathan der Weise“ aufgrund einer Erkrankung der Regisseurin Lisa Nielebock verschoben worden war, war es am Samstag nun endlich soweit. „Nathan“ hatte seinen "Auftritt"im Grillo Theater in Essen. Vor ausverkauften Haus wurde die altbekannte Geschichte Lessings neu erzählt. Auch nach Jahrhunderten verliert die Story dabei nicht an Aktualität. Die Idee von Toleranz zwischen den Religionen hat auch heute, insbesondere mit Blick auf immer wieder neue Schrecksmeldungen über Terroranschläge, besonders an  Bedeutung gewonnen.

 

„Nathan der Weise“ ist eine Geschichte über religiöse Toleranz. Bei Nathan verstricken sich die drei Weltreligionen: Seine Tochter ist adoptiert und eine Christin, sein Freund ist ein Muslim, er selbst ist Jude. Das Stück spielt in Jerusalem zur Zeit der Kreuzzüge. Nathan, der von seinem Volk „der Weise“ genannt wird, kehrt von einer Geschäftsreise zurück und erfährt, dass seine Tochter Recha von einem Tempelritter aus einem Hausbrand gerettet wurde. Recha verliebt sich in ihren Retter, doch der Christ weigert sich, die Jüdin wiederzusehen. Im Laufe des Stückes verstricken sich die Wege und Wurzeln der Protagonisten. Die von Nathan adoptierte Recha ist eigentlich die Tochter des verstorbenen Bruders des Sultans Saladin, ebenso wie der Tempelritter, dieser wuchs bei der christlichen Schwester seiner Mutter auf. Die beiden sind also Geschwister und jede Religion ist somit irgendwie mit der anderen verwandt – sie haben die gleichen Wurzeln.

 

Regisseurin Lisa Nielebock hat aus der Nathan-Geschichte eine schlüssige Inszenierung konstruiert. Besonders gelungen sind die immer wieder ineinander übergehenden, in sich verschmelzenden Szenen. Die Verstrickungen, die die Handlung bestimmen, werden von Nielebock geschickt auch in der äußeren Form des Stückes aufgenommen. So sind die Protagonisten, über die gesprochen wird, auch im Hintergrund zumeist visuell präsent. Das Bühnenbild ist schlicht und steril in weiß gehalten. Im Laufe des Stückes verstreuen alle Figuren Abfälle in Form von Obst, Spucke und Nüssen in die ansonsten reine Kulisse. Genauso streuen sie auch jeder für sich Zwiespalt in der Beziehung zwischen den Religionen und verhindern so ein friedliches Zusammenleben.

Die Leistung des Ensembles honorierte das Premierenpublikum mit langanhaltendem Applaus.

 

(Bernadette Ahmann)