Wuppertal

 

Maskenball

Oper in drei Akten von Guiseppe Verdi

Text von Antonio Somma nach dem Drama Gustave III ou le Bal Masqué von Eugène Scribe

In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

 

Musikalische Leitung: Florian Frannek

Inszenierung: Johannes Weigand

 

Sängerfest und solide Inszenierung

Kaum waren die ersten Takte des Vorspiels erklungen, da konnte man schon ahnen, dass die musikalische Qualität dieses Abends besonders hoch sein würde.

 

Dirigent Florian Frannek begann zwar ungewöhnlich langsam, dadurch wurde aber fast leitmotivisch herausgestellt, welche Motive zu wem gehören. Die nervige Piccoloflöte ließ an der zu erwartenden Tragik keinen Zweifel,  hier wie an vielen anderen Stellen wurden aber die Verbindungslinien zwischen den einzelnen Teilen der Oper besonders deutlich gemacht. Das Vorspiel steht nicht für sich, sondern geht bruchlos in die erste Szene der Oper über, die Motive werden auch später wieder aufgenommen. Einerseits wurde auf diese Verbindungslinien geachtet, andererseits wird aber auch das Gegenteil klar: wenn z.B. in der Ulrica-Szene ständig Überraschungen vorkommen, Kontraste zwischen laut und leise, Dissonantem und Konsonanten, rhythmischen Presto- und fast tempolosen Adagio-Passagen, ernsten und lustigen Abschnitten, so wird das, was in der Musik steckt, konsequent aufgenommen und sinnfällig dargestellt. Ein großes Lob also für Florian Frannek und das Wuppertaler Orchester.

 

Hervorragend waren auch die Leistungen der Sänger, allerdings mit einer Einschränkung. Der Sänger des Riccardo, Felipe Rojas Velozo, war, wie vorher angesagt, erkältet, hielt aber sein Rolle durch, obwohl er einige Passagen oktaviert singen musste. Er ließ aber an etlichen Stellen doch hören, dass er gesund den Genuss des Gesanges noch weiter erhöht und damit abgerundet hätte. In den weiteren Aufführungen wird er dies sicher tun. Melba Ramos als Amelia, vielen Wuppertalern noch als äußerst beliebtes ehemaliges Ensemblemitglied in Erinnerung, erhielt für ihre Leistung schon bei ihrem ersten fulminanten Auftritt, und später noch mehrfach, Szenenapplaus. Überzeugend ebenso Zdravka Ambric als Ulrica, mit besonders faszinierenden tiefen Tönen. Mehrfachen Szenenapplaus erhielt auch Kay Stiefermann als Renato, der als Warner und Rächer viele Forte-Stellen zu singen hatte, aber im ersten Bild des 3. Aktes besonders durch seine nuancenreichen Pianostellen überzeugte. Die Naivität und fast nervige Fröhlichkeit des Pagen Oskar, der nichts kapiert von der Tragik der Ereignisse, war sängerisch und darstellerisch bei Elena Fink in besten Händen. Auch die kleineren Rollen, so als Verschwörer Martin Js. Ohu und Olaf Haye, und, besonders auffallend, Miljan Milovic als Matrose waren hervorragend besetzt. Der Chor, verstärkt durch den Extrachor, war ein ebenso großer Garant für die hohe musikalische Qualität wie das Orchester.

Die Inszenierung, durch Opernchef Johannes Weigand, war eher kammerspielartig, betonte die kleinen Gesten, war aber z.T. doch eher statisch, wobei zugute zu halten ist, dass, zumindest in den ersten drei Bildern, eher wenig Gelegenheit zu großer Aktion zu finden ist. Die Typisierung der Personen ist aber gelungen und nachvollziehbar, besonders deutlich bei Riccardo, wo die leicht arrogante Leichtlebigkeit und der damit verbunden Glaube an seine Unverletzlichkeit sehr schön ausgespielt wird. Immerhin werden die wenigen Möglichkeiten zur Aktion ausgenutzt, wenn etwa im ersten Bild der Page Oskar den sturen Oberrichter, der Ulrica ausweisen lassen will, in seiner Verteidigung gestisch nachäfft. Im zweiten Bild werden die sich ständig ändernden Vorgaben der Musik vor allem durch die Personenregie ausgedrückt. Szenisch reichhaltiger sind die beiden letzten Bilder gestaltet, dort passiert ja auch viel mehr als im ersten Teil. Sehr gelungen ist die Tanzszene im letzten Bild, in der auch fünf Musiker des Orchesters auf der Bühne erscheinen und als Banda zum Tanz aufspielen. Dass Weigand aber auch hier nicht auf Aktionismus setzt, zeigt die Szene direkt nach dem Attentat, wenn der Chor nicht chaotisch durcheinander läuft, sondern sich sorgsam in zwei Reihen aufstellt, während der Musikmeister mit einem großen Taktstock die Musiker zum Weiterspielen anhält.

Das Bühnenbild von Moritz Nitsche ist minimalistisch karg, vor allem im ersten Teil. So bleibt der Friedhof im dritten Bild nur als große graue Treppe in Erinnerung. Im zweiten Teil wird dagegen häufiger und erhellender mit Lichtregie gearbeitet. So verliert das Grün des Vorhanges in der ersten Szenen des dritten Aktes immer mehr die Farbe, je mehr der Mordplan Gestalt annimmt, und im letzten Bild wird sehr geschickt mit rotem Licht in unterschiedlicher Form gearbeitet.

Erst in der letzten Szene wird klar, dass die „amerikanische“ Fassung der Oper gespielt wird. Die sehr kreativen Kostüme (Judith Fischer) verlegen sie in jedem Fall in das 18. Jahrhundert. Wo die Oper spielt, scheint aber nicht so wichtig, weil es auf die Geschichte und die Darstellung der Gefühle ankommt.

Also: Kammerspielartige Inszenierung, ein Fest der Stimmen und eine intelligente, sinnfällige musikalische Darstellung! Äußerst empfehlenswert!

 

Fritz Gerwinn

 

Premiere am 24. 2.2013,

weitere Aufführungen am 2., 14., 22., 30. März, 7. April, 6., 8., 16., 22. Juni im Opernhaus Wupperta

Tickets (0202) 563 76 66

www.wuppertaler-buehnen.de