Le Grand Macabre
Oper in vier Bildern von György Ligeti
Libretto von Michael Meschke und György Ligeti

Musikalische Leitung Dima Slobodeniouk
Inszenierung Mariame Clément
Ausstattung Julia Hansen
Video fettFilm
Dramaturgie Janina Zell
Choreinstudierung Alexander Eberle

Premiere 14. Februar 2015


Sensenmann oder Gaukler? In Györgi Ligetis einziger Oper „Le Grand Macabre“ behauptet der geheimnisvolle Fremde Nekrozar der Tod zu sein und kündigt den Weltuntergang an. Ein Komet soll die Welt zerstören.


Pierre Boulez wollte in den 1960 Jahren die Opernhäuser in die Luft sprengen. Soweit ging Ligeti nicht. Doch die Beschäftigung mit der Geschichte des Musiktheaters endete mit seiner Distanz zur traditionellen Operngattung. Sein Opernprojekt „Le Grand Macabre“ sollte neue Maßstäbe setzen mit der Zielsetzung der totalen Verschmelzung von Musik und Handlung. Die Anti Oper entwickelte sich zur Anti-Anti Oper mit kabarattistischen Einlagen, Dada-Wortspielen und perversen Erotikszenen. 


Ligeti wurde durch den belgischen Dramatiker Michel Ghelderode, der die Ballade vom „Grand Macabre“, verfasst hatte. inspiriert. Die Handlung spielt im imaginären Breughelland. Die scheinbar banale Welt verfremdet und ironisiert der Komponist und zeigt anhand von Liebesbeziehungen, Charaktereigenschaften, Perversitäten und Korruption die Absurdität des menschlichen Daseins.
Die Verfremdung überträgt er auch auf die Musik und benutzt neben dem traditonellen Instrumentarium auch Autohupen, Trillerpfeifen, Holzhammern und anderes. Außerdem nutzt er für die absurde Klangwelt bekannte Komponisten und Zitate aus der Musikgeschichte, die er nicht nur übernimmt, sondern verfälscht, so sind sie nicht immer eindeutig identifizierbar.
Im Vorspiel zu La Grand Macabre ersetzt Ligeti die Blechbläser durch Autohupen. Mit den verzerrten Tönen will er gleich zu Beginn auf die heruntergekommene, verkommene und marode Welt des Breughellandes aufmerksam machen.

Wie aus dem Nichts taucht plötzlich die  bizarre Gestalt des Nekrozar  auf und kündigt den Weltuntergang an.
Am Weltuntergangsgeschehen beteiligen sich Trunkenbold Piet vom Faß, Astradamos, der Astronom und seine Megäre Mescalina, das junge Liebespaar Amando und Amanda sowie Fürst Go-Go und seine Minister mit Gefolge. Nach einem Saufgelage verschläft Nekrotzar buchstäblich den vermeintlichen  Weltuntergang. Zerplatzt wie eine Seifenblase, hat er nicht stattgefunden. Als einziger stirbt er und ist damit die tragische Figur in der Operngroteske. Ligetis schräge Musik umrahmt die comicfarbige, absurde Handlung mal leise und einfühlsam, dann wieder  explosiv und voller Dramatik.


Im Essener Stadtgebiet sind sie häufig zu sehen, im Opernhaus eine Rarität: Obdachlose. Mit Bierflasche und Rucksack ausgestattet, also wohlweislich für eine lange Opernnacht mit genügend Proviant gerüstet, sitzt ein solcher im Publikum. Ringsherum verwunderte Blicke, die feine Garderobe der Besucher und  schäbige Kleidung passen nicht so recht zusammen. Dass es sich um Piet vom Fass alias Rainer Maria Röhr, einem Mitglied des Ensembles handelt, stellt sich schnell heraus. Er setzt sich an seinen versifften Schreibtisch und beschäftigt sich mit seinem  Computer, während Nekrotzar aus den Tiefen des Orchestergrabens aufsteigt. Derweil betreten Amando und Amanda, ein junges Liebespaar die Bühne. Mit Rose und historischen Kostümen wecken sie Assoziationen an den Rosenkavalier. Das Paar hält verzweifelt Ausschau nach einem  Plätzchen für seine Amouren. Unübersehbar baumelt der große Phallus Armandos aus seiner Hose. Als Liebesnest wählen sie ausgerechnet die Grabkammer Nekrozars und lassen sich erst zum Schluss wieder blicken.
Am grotesken Spiel beteiligen sich nun der Sternendeuter Astrodamos (Till Faveyts) und Mescalina. Der Astronom von Ausstatterin Julia Hansen in Rekrutenkleidung gesteckt wird von der bösen Gatin zu Sado-Maso Spielchen gezwungen. Dass er sie durch Nekrozar los werden kann, macht ihn überglücklich .

Der 2. Akt zeigt ein anderes Bild. Der fettleibige Fürst Go-Go residiert im Oval Office des Weißen Hauses. Er ist umgeben von streitenden Ministern und einem permanent läutenden roten Telefon. Es soll wohl auf die bevorstehende Gefahr hinweisen.


Unter der Leitung des russischen Dirigenten Dima Slobodeniouk spielen die  Essener Philharmonikern die detailreiche Partitur mit größter Präzision und Perfektion.

Eine Glanzleistung vollbringt das Sängerensemble.  Bariton Heiko Trinsinger verausgabt sich total und Rainer Maria Röhr gibt dem Trunkenbold Piet vom Fass tenorale Wendigkeit.  Ursula Hesse von den Steinen überzeugt als bösartige Mescalina mit viel Power. Counter Tenor Jake Arditti meistert die schwierige Partie des  Fürsten Go-Go bravourös. Und Susanne Elmark brilliert in der Doppelrolle der Venus und als Geheimpolizeichef mit wahnsinnigen Koloradurensprünge .

Regisseurin Mariam Clément hat einige originelle Einfälle und es gibt viel Beifall für das Ensemble., doch bleiben auch einige Reihen nach der Pause leer.

Unvorbereitet sollte man in diese Oper nicht gehen. Sie ist nicht leicht zu verstehen, sie muss erarbeitet werden. Nur dann erschliesst sich das Werk.

 

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