Von der Heydt Museum – Wuppertal

16. 10. 2012 – 28.02.2013

Peter Paul Rubens

Leben und Werk eines frühen Europäers

 

Dr. Gerhard Finckh, leitender Direktor des Wuppertaler Hauses und Kurator der Ausstellung, hat Weitblick für interessante Themenstellungen bewiesen: kurz vor der Eröffnung der Ausstellung über Peter Paul Rubens erhält die EU den Friedensnobelpreis. Sein Konzept der Ausstellung über Peter Paul Rubens will nicht nur über den weltberühmten Maler informieren, sondern hebt auch ab auf die unermüdliche politische und diplomatische Tätigkeit, die Rubens an die großen europäischen Königshöfe führte, wo er beharrlich für Friedensverhandlungen eintrat und damit als einer der ersten überzeugten Europäer gesehen werden darf.

 

Rubens wurde 1577 in Siegen geboren, verbrachte die Kinderjahre in Köln und übersiedelte nach dem Tod des Vaters 1589 mit der Familie zu deren Stammsitz nach Antwerpen. Dies ist verbunden mit der Konvertierung zur katholischen Religion. Er erhielt eine gute Ausbildung und wurde bereits mit 22 Jahren Freimeister in der St. Lukasgilde, der Antwerpener Malerzunft. Er konnte seine Studien in Malerei und Philosophie in Italien vervollständigen. Dort hat er aber auch schon erste renommierte Aufträge ausgeführt. Nach seiner Rückkehr 1608 wird er u.a. Hofmaler der habsburgischen Statthalter und heiratet 1609 die Tochter eines angesehenen Juristen. Die zunehmende Zahl von Großaufträgen ließ ihn zum Unternehmer werden, der ein stattliches Haus an angesehener Adresse in Antwerpen unterhalten konnte, wo auch ca. 100 Mitarbeiter mit Vorarbeiten beschäftigt waren. Ab 1622 nimmt er seine diplomatische Tätigkeit auf, die ihn an die wichtigen Höfe Europas führt – dies auch in Verquickung mit seinen künstlerischen Ambitionen. Sein großes Ziel war aber die Beendigung des 30-jährigen Krieges. Nach dem Tod seiner ersten Frau 1626 heiratet er 1630 erneut die erst 16-jährige Schönheit Hélène Fourment, mit der er weitere Kinder hatte. Die Familie lebt zeitweise unweit von Mechelen auf seinem Landgut. Schwere Gichtanfälle begleiten seine letzten Jahre. Er stirbt hoch angesehen in Antwerpen im Jahre 1640. Sein gesamtes Leben war geprägt von Fragen nach dem Sinn von Krieg und der Sehnsucht nach Frieden und den großen Glaubensauseinandersetzungen jener Zeit. Seine philosophische Ausbildung begleitet sein künstlerisches Talent und lässt ihn zu unvergleichlichem Ausdruck finden.

 

Die Wuppertaler Ausstellung orientiert sich an seiner Biographie in acht Kapiteln, die die komplexe Verbindung zwischen den künstlerischen und politischen Themen explizit aufzeigt und für uns Heutige erfahrbar macht. Eingangs der Ausstellung im Kapitel 1 – Das Haus des Diplomaten - lesen wir seine Biographie und haben einen Eindruck über sein Umfeld in Antwerpen, in dem er sogar königlichen Besuch standesgemäß empfangen konnte. Seine Handschrift und Selbstporträt ergänzen sinnvoll den ersten Eindruck. Im Kapital 2 – Rubens‘ Aufenthalt in Italien – wird erinnert an seine intensive Beschäftigung mit italienischen Malern der Renaissance, erste großformatige Auftragsarbeiten und erste politische Kontakte mit Vertretern des spanischen Hofes und der Genueser Aristokratie. Kapitel 3 – Rubens im Dienst des Brüsseler Hofes – behandelt seine Zeit als Hofmaler der spanisch-habsburgischen Erzherzöge Albrecht und Isabella, für die er zahlreiche religiöse und historische Werke schuf. Kapitel 4 – Rubens und die Kirche – beschäftigt sich mit seinen gefühlvollen Darstellungen religiöser Szenen. Er erhielt Aufträge für große Altargemälde aus ganz Europa. Sein wichtigster Auftrag waren jedoch 39 Bilder für die Seitenschiffe der Antwerpener Jesuitenkirche. Die Gemälde sind wegen eines Brandes zwar nicht erhalten, aber die vorbereitenden Ölskizzen, von den drei in der Ausstellung vertreten sind, können zusammen mit der Deckenkonzeption studiert werden. Die weiteren Kapitel 5 – Adel und Bürgerschaft als Auftraggeber – sowie Kapitel 6 – Zwei Gemäldezyklen für den französischen Hof - Kapitel 7 – Rubens‘ Friedensmission in London – und Kapitel 8 – Rubens‘ Aufträge für den spanischen König Philipp IV. widerspiegeln seine Tätigkeit in den weiteren Schaffensjahren, die immer wieder auch die Fürstentugend der Friedensbereitschaft zum Inhalt hat, so auch in dem in der Ausstellung gezeigten Bilderpaar „Mucius Scaevola vor Posenna“ (1626-28) und „Versöhnung von Jakob und Esau“. Er illustrierte die Herrschertugend sowohl als römische wie auch als alttestamentarische Episode.

Die weiteren absoluten Highlights der Ausstellung sind „Abraham und Melchisedek“ , entstanden 1617/18, „Dianas Heimkehr von der Jagd“, um 1616, die „Wildschweinjagd“, um 1615/16, „Christus am Kreuz“, um 1610/12 sowie wunderbare Porträts, Zeichnungen und Graphiken.

 

Die Ausstellung entstand in Kooperation mit dem Königlichen Museum für Schöne Künste in Antwerpen. Leihgeber sind zahlreiche renommierte europäische Museen. Als Sponsor der Ausstellung wird die gemeinnützige Dr. Werner Jackstädt-Stiftung, Wuppertal, genannt.

 

Seit 30.9.12 zeigt das Haus die weitere Ausstellung „Alte Meister von Dürer bis Goya“. Hier stehen nicht so sehr die monumentalen Stücke im Vordergrund, sondern viele kleinere Kunstwerke, u.a. auch von Frans Snyders und Anthonis van Dyck, die in Rubens‘ Werkstatt gearbeitet haben.

 

Für beide Ausstellungen sind schöne Kataloge erschienen (€ 25,-- bzw. € 20,--). Eine DVD kostet € 15. Es darf – wie immer – mit einem erheblichen Besucherandrang gerechnet werden, so dass sich unter www.von-der-heydt-museum eine Vorbuchung von Führungen empfiehlt. Auch die Bahn beteiligt sich mit dem Angebot eines Kultur-Ticket-Spezial: Zum Preis von € 39,-- kann man im Umkreis von 300 km hin- und zurückfahren. Kinder bis 14 Jahre dürfen kostenlos mitfahren. Infos unter www.bahn.de/kultur.

Information auch unter www.rubens-ausstellung.de / Tel.0202-563-6231.

 

14.10.12/GBW