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25 Sad Songs

Premiere: 29. Januar 2011

 

In the Year 2525

 

Wir befinden uns im Jahr 2525- der große Traum der Menschheit ist in Erfüllung gegangen. Sie sind unsterblich geworden. Fluch oder Segen? Der Preis: Die Menschen sind zu Robotern geworden, kennen keine Gefühle mehr und keine Empathie.

Speziell mit Zukunftsvisionen hat sich Regisseur Thomas Krupa schon häufig auseinandergesetzt. Er wagt ein Experiment und blickt gemeinsam mit Komponist Ari Benjamin Meyers und 25 Sad Songs weit in die Zukunft.

 

Im Jahr 2525 gibt es keine Theater mehr und auch der Begriff der Kultur ist nicht mehr existent. Das Grillotheater liegt in Schutt und Asche. Gefunden wurden aber ein IPhon und Fragmente von 25 melancholischen Songs, die vor gut 500 Jahren, im Jahr 2011, in einer Musikrevue präsentiert werden sollten. Dazu kam es aber nicht.

 

Wissenschaftler fangen an zu recherchieren. „Was ist eine „Musikrevue“? Wie spielt man die Songs? Was versteht man unter „Melancholie“?. Die Forscher geben sich alle Mühe, Antworten auf ihre Fragen zu finden. Akribisch rekonstruieren sie das Grillotheater und die 25 Sad Songs, um zu erfahren, wie die Menschen waren, damals, als sie noch Gefühle hatten und Empathie besaßen.

 

Dazu steckt die Regie die Robotermenschen in graue Anzüge, lässt sie mit dem Tambourin schlagen, sie gestikulieren, stampfen und mit wilden Zuckungen agieren. Die Idee ist: Sie sollen die Kraft der Musik kennenlernen und ihre heilende Kraft entdecken.

Und darum geht es letztendlich in der Revue, zu demonstrieren, wie stimulierend Musik wirken kann, wie sie es schafft, Grenzen zu überwinden, zeitliche und soziale. Welchen Einfluss Musik auf affektive, kognitive und sensorische Vorgänge im menschlichen Körper hat.

 

Ein Greis (Ragna Guderian) mit Computerstimme schreitet die Bühne gemächlich ab und sinnt über die Vergangenheit nach. Als einziger kann er sich noch an frühere Zeiten erinnern, als die Menschen noch lachen und weinen konnten, als sie Auto fuhren, Essen und Trinken genießen konnten.

Da brennt einem sofort die Frage unter den Nägel; „Waren die Menschen damals glücklicher, als sie noch lieben, lachen und weinen durften“?

 

25 Sad Songs werden neu arrangiert und am laufenden Band gespielt. Das Repertoire geht von „Mr. Sandman“ über die „Boxer „ von Simon & Garfunkel, bis hin zu den Beatles mit „A Day in the Life“ und „Hallelujah“ von Leonard Cohen. Viele bekannte TOP-Hits sind darunter.

Zeitweise ist das recht unterhaltsam, denn es weckt Erinnerungen an Begebenheiten, Begegnungen und Situationen. Doch das schnelle Abspielen der 25 Titel hat auch seine Tücken. Die Interpretation der Songs  fällt in der Kürze, der zur Verfügung stehenden Zeit, doch relativ schwierig.

 

Die Dialoge sind zum Teil oberflächlich und geben nicht viel her. Auch der „Greis“ in einer „Schlüsselrolle“ überzeugt nicht wirklich, da seine Worte nicht in die Tiefe gehen, flach wirken. Gerade von diese Rolle hätte man sprachlich etwas anders erwartet. Es bleibt bei Plattitüden. Das ist schade.

 

Die Songs sind abgespielt, der alte Mann reißt sich zur Musik von Nirvanas „Rape me“ die Maske vom Gesicht. Zum Vorschein kommt eine junge Frau. Die Inszenierung ist beendet, die Frau kehrt zurück- in ihr altes Leben. Es war eben nur eine Inszenierung. Soll man es so interpretieren?

 

Immerhin: 25 Sad Songs animieren dazu, sich eine Horrorvision vorzustellen, nämlich ohne Theater leben zu müssen. Und vielleicht wird sich bei dem ein- oder anderen Zuschauer auch Melancholie eingestellt haben, angesichts düsterer Prognosen, die den Exodus vieler Theater vorhersagen. Denn dass daraus leicht ein Flächenbrand entstehen kann, ahnen wir nicht erst seit heute. Theater in der Krise, Theater vor dem Aus? Hoffentlich nur in Bewegung!

U. Harms-Krupp