Essen

 

Tennessee Williams
„Endstation Sehnsucht"

 

Premiere: 07.09.2009

 

Das Grillo Theater in Essen eröffnete mit der Premiere des Dramas „Endstation Sehnsucht" von Tennessee Williams jetzt seine neue Spielzeit. Das Stück wurde 1947 uraufgeführt und brachte den endgültigen Durchbruch für den Schriftsteller. Bis zu diesem Zeitpunkt hielt sich Williams, der sein Studium der Publizistik und Theaterwissenschaft abgebrochen hatte, mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser. International bekannte wurde er mit seinen Stücken „Endstation Sehnsucht" und „Die Katze auf dem heißen Blechdach." Für diese Werke wurde er mit dem Pulitzer Preis ausgezeichnet.

 

In Endstation Sehnsucht geht es um das Scheitern einer menschlichen Existenz, um Weltanschauungen und Lebensentwürfe, die mit der Realität nicht übereinstimmen. Schirin Khodadadian inszenierte das Sozialdrama in Essen und ließ es in der Jetztzeit spielen. Nach 10 Jahren besucht Blanche (Julia von der Werft) ihre Schwester Stella (Katharina Lindner) und sucht Zuflucht bei ihr. „Belrev", der Familienbesitz der beiden Schwestern ist wirtschaftlich ruiniert und Blanche hofft bei ihrer Schwester einen Neuanfang machen zu können. Stella lebt in einer engen, bescheidenen Wohnung und ist inzwischen mit Stanley, einem ungebildeten polnischen Einwanderer verheiratet. Von Anfang an kommt es zu Spannungen zwischen Blanche und ihm. Er misstraut seiner Schwägerin und verabscheut ihr vornehmes Getue. Blanche wiederum zeigt offen ihre Abneigung gegen den groben, zur Gewalt neigenden Mann, der ihre Schwester schlägt. Als sich Mitch, Stanleys Pokerfreund in Blanche verliebt, zieht er Erkundigungen über sie ein und zerstört die Verbindung der Beiden.

 

Wie die Regisseurin, die unterschiedlichen sozialen Welten, die zunehmende Spannungen zwischen den einzelnen Figuren, ihre Hoffnungslosigkeit und Entfremdungen in Szene setzen würde, darüber herrschte gespannte Erwartung.

 

Khodadadian versetzt die Handlung in die Jetztzeit und lässt Stanley im unverkennbaren Ruhrpottslang agieren. Das Bühnenbild: eine Wohnung mit Podesten und großen Fenstern, die den Blick offenhält auf die Personen und eine geschmacklose Einrichtung, ein Sammelsurium von Polstermöbeln mit zahlreichen Lampen und kitschigen Dekorationen.

 

Julia von der Werft gibt dem zunächst nur Andeutungsweisen Bild von Blanche im Laufe der Handlung immer schärfere Konturen. Sie liefert sich nicht nur mit Stanley, sondern auch mit Stella spannungsgeladene Dialoge und macht mit Sprache und Gestik deutlich, was es heißt in alten Traditionen verwurzelt zu sein und sich nicht auf die Wirklichkeit einstellen zu können. Andreas Grothgar als Ruhrgebietspole ist in der Rolle des Stanleys absolut authentisch. Er demonstriert Blanche, wie es ist, einen Kowalski zum Gegner zu haben. In der Auseinandersetzung mit ihr wächst er über sich hinaus, steigert seinen Hass gegen den Eindringling und motiviert seine Schritte gegen sie. Dabei gelingt es Grothgar vortrefflich die Charakterzüge des „Macho Stanley" und dessen Ambivalenz in emotionalen Dingen herauszuarbeiten. Tennessee Williams ordnet ihm durchaus auch positive Eigenschaften zu.

 

Stella wird von (Katharina Lindner) bestens dargestellt. Glaubhaft stellt sie deren Zufriedenheit in einem Milieu da, welches bei ihrer Schwester nur blankes Entsetzen hervorruft. Bei Khodadadian ist Stella kein abhängiges „Weibchen" sondern weiß was sie will, zeigt nur da Schwäche, wo sie der Brutalität des Mannes unmittelbar unterliegt. Werner Strenger als Mitch reflektiert perfekt das Bild des in Konventionen steckenden Menschen und dessen Entlarvung als Muttersöhnchen, der seine Heiratsabsichten aufgibt.

 

Mit viel Beifall wurde diese gelungene Inszenierung vom Publikum belohnt.

 

 (U.Harms-Krupp)