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Grillo Theater

 

"Liliom" (Franz Molnàr)

 

Premiere (17.03.07)

 

Liliom, ein Hallodri und Taugenichts arbeitet auf einem Rummelplatz und verliebt sich in die junge, hübsche Julie. Frau Muskat, die resolute Chefin des Rummelplatzes und Besitzerin des Ringelspiels ist darüber äußerst erbost, denn sie hat selber ein Auge auf ihn geworfen. Verärgert wirft sie Liliom hinaus. Das stört Liliom zunächst nicht, denn er hat ja seine Träume. Träume von Amerika, Träume von einem Vergnügungspark, Träume von einem besseren Leben mit Julie.

 

Regisseur David Bösch verlegt den Schauplatz des Stückes auf eine Müllhalde. Und nicht nur das, Berge von Wohlstandsmüll, in denen einzelne Objekte: hässliche Stofftiere, ein roter Kinderwagen oder alte Stühle herausragen glühen, leuchten und verzaubern den ansonsten trostlosen Ort, wenn Liliom und Julie sich sehr nahe kommen. David Bösch lässt die Liebenden für eine kurze Zeit in einem ausrangierten Wohnwagen inmitten von Müllbergen hausen und zunächst auch glücklich sein. Doch lange währt das Glück nicht. Die Illusion eines gemeinsamen Lebens wird Stück für Stück zerstört und stattdessen das menschliche Dasein mit all seinen Facetten: Liebe, Hoffnung, Verzweiflung und Ausweglosigkeit vorgeführt.

 

Kein Job, kein Geld und mit der Freiheit geht es auch zu Ende. Wie sich Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit auf eine Beziehung auswirken kann, zeigt die Inszenierung auf eindringliche Art und Weise. Ultimativ verlangt Julie von Liliom, die Tätigkeit als Hausmeister aufzunehmen. Doch Liliom will sich nicht integrieren lassen in eine bürgerliche, spießige Welt. Er verliert die Beherrschung, schreit, brüllt und schlägt Julie. Trotzdem: "Böschs Liliom" ist kein brutaler Typ. Es gibt sie bei ihm, stille Momente von Glück und Zärtlichkeit. Es sind seine Hilflosigkeit, seine Ängste und Verzweiflung und die Sehnsucht nach einem besseren Leben, die ihn immer wieder ausrasten lassen.

 

Dass Liliom auf eine Katastrophe hinsteuert, ist von Beginn an in der "Figur Liliom" angelegt. Die menschliche Existenz kann scheitern, ist aber nicht grundsätzlich dazu verurteilt. Menschsein bedeutet sich seiner Verantwortung zu stellen, sinnlos ist es davonzulaufen vor den Fragen, die das Leben stellt, versucht das Stück zu sagen. Dass der Mensch der Baumeister seines eigenen Lebens ist, wird an Liliom sichtbar. Spätestens als Julie schwanger wird, muss er, wie auch immer zu Geld kommen. Dass er dies nicht auf legalem Weg beschaffen will, ist nicht weiter verwunderlich.

 

Gunter Franzmeier spielt den Liliom mit all seinen Facetten so glaubhaft und faszinierend, dass man bis zur letzten Minute von seiner Ausdrucksstärke in den Bann gezogen wird. Sarah Viktoria Frick als Julie ist absolut überzeugend, mal kokett und forsch und großartig in Mimik und Gestik.

 

Bösch und seinem Ensemble gelingt es hervorragend, Liliom als ein sozialkritisches Stück mit aktueller Brisanz vorzustellen. Die Romanze von Julie und Liliom spielt in einer Welt, die von Armut, Perspektivlosigkeit und dem Kampf ums Überleben geprägt ist. Es ist eine Welt, wie wir sie heute häufig vorfinden, in der der Einzelne zusehen muss, wie er zurecht kommt, in der das Recht des Stärkeren gilt und wahre Freundschaft nur selten vorhanden ist. Eine Welt für Kinder ist es nicht.

 

Am Ende bleibt doch noch ein Hoffnungsschimmer übrig. Es gibt sie, die Chance auf Umkehr und damit auf ein besseres Leben. Ein begeistertes Publikum mit minutenlangen Ovationen feierte diese beeindruckende Inszenierung.

 

(U. Harms-Krupp)

 

Termine: 30.03., 5.4., 15.4., 3.05.