Essen
Ruhr Museum
„Das große Spiel" - Archäologie und Politik zur Zeit des Kolonialismus (1830-1940)
12. Februar - 13. Juni 2010
Das Ruhr Museum auf Zollverein zeigt nur einen Monat nach der Eröffnung die erste große Ausstellung „Das große Spiel" - Archäologie und Politik zur Zeit des Kolonialismus (1830-1940)." Die Idee zu der Ausstellung stammt von Frau Dr. Charlotte Trümpler, Leiterin der archäologischen Sammlung des Ruhr Museums. Die Kosten von 1.2 Millionen Euro wurden von Sponsoren aufgebracht.
Die Ausstellung gibt einen Überblick über die Motive von Personen, die sich Ende des 19/Anfang des 20 Jahrhunderts unter großen Strapazen und unter Einsatz ihres Lebens auf Expeditionsreise begaben. Darunter sind bekannte Namen: Carl Humann, ein Essener, der den Pergamonaltar entdeckte, Lawrence von Arabien, Gertrude Bell, die Irakgründerin, Sven Hedin, der Asienforscher oder Graf Làslò Almàsy, der als Vorbild für den Film „Der englische Patient" bekannt wurde. Sie führten als erste Ausgrabungen im großen Stil durch und dokumentierten diese. Unterstützung für ihre ehrgeizigen Projekte fanden sie bei reichen Geldgebern, darunter waren Könige und Kaiser. Die Hilfe erfolgte nicht aus Uneigennützigkeit, imperiale Machtinteressen steckten dahinter. Das große Spiel um Geld, Macht und Prestige beherrschte zu diesem Zeitpunkt viele Nationen. England und Russland wetteiferten um territoriale Gebiete in Zentralasien. Aber auch andere europäische Staaten wollten teilhaben an dem großen Kuchen der lukrativsten Ausgrabungsplätze.
Die Ausstellung zeigt, wie sehr Politik und Archäologie miteinander verflochten waren und welche religiösen, politischen oder militärischen Motive ausschlaggebend waren für die Lebenswege der Entdecker. Errstaunlicherweise waren diese meistens keine Archäologen, sondern Ingenieure, Geologen, Architekten, Offiziere oder Priester. Ihre Expeditionen führten sie nach Nordafrika, den nahen Osten und Zentralasien
Archäologie ist heute ein extrem politisches Geschäft, betonte Prof. Gehrke, der Leiter des Archäolgischen Forschungsinstitut in Berlin, auf der Pressekonferenz vor der Ausstellungseröffnung. Er spielte damit auf die immer wieder aufflammenden Rückgabeforderungen archäologischer Fundstücke an. Sein Institut sei ein Forschungsinstitut, es arbeite in engster Kooperation mit 36 Ländern auf 4 Kontinenten. Absolut notwendig sei die Liebe zu dem Land, die Mitarbeiter müssen die Sprache können, die Kultur kennen und die kulturellen Codes beherrschen. Die Kollegen im Institut seien Experten für die einzelnen Länder. Archäologie sei nicht nur arbeiten an der Tradition, Archäologie gehöre zur nationalen Identität. Für eine gute Zusammenarbeit mit den verschiedenen Ländern habe sein Institut die besten Voraussetzungen, die Exponate bleiben im Herkunftsland. Der interdisziplinäre Gedankenaustausch zwischen den Kollegen funktioniere bestens.
Die Ausstellung thematisiert die Rückgabeforderungen, doch mehr noch fokussiert sie die rechtliche Seite, die sich mit der Ausgrabung archäologischer Stücke ergeben.
Die Biographien von 25 Personen, allesamt außergewöhnliche Personen, Entdecker und Pioniere, unterschiedlicher Nationen, stehen im Vordergrund der Präsentation. Bei der Dokumentation ihres Lebensweges wurden strenge wissenschaftliche Kriterien angewandt. Die Archäologie wird damit zur Wissenschaftsgeschichte.
In den Ausstellungräumen werden über 800 Objekte von insgesamt 65 Leihgebern, darunter große europäische Museen, wie der Louvre, die Bibliothèque Nationale de France, das British Museum oder das Pergamonmuseum gezeigt. Dank der guten Verbindungen von Frau Dr. Trümpler zu international bekannten Museen ist es gelungen, Objekte als Leihgaben zu bekommen, die noch nie in der Öffentlichkeit gezeigt wurden. Von dem Schweizerischen Institut für Bauforschung in Kairo bekam sie die komplette Grabungsausrüstung Ludwig Borchardts zur Verfügung gestellt. Eine Rarität ist auch der Expeditionsfilm von Graf Almàsy.
Die Gliederung der Ausstellung erfolgt in 12 Bereichen mit 32 Rauminszenierungen Die Bereiche haben den Charakter kleiner Theater mit eigenen Schauplätzen.
Präsentiert werden neben historischen Dokumenten, Karten und Filmen, darunter sind Dokumente, die die Orient Reise Kaiser Wilhelms II.1898 dokumentieren, Fotos, die einen der Bagdad Bahnhöfe zeigen und Luftaufnahmen von Libyen aus dem Jahr 1911/12, auch Fotoapparate, Aquarelle von französischer Generälen in Algerien um 1830, kostbare Seidenmalereien aus der Buddhistischen Zeit des 9. Jahrhunderts n.Chr., einzigartige Gefäße aus dem 3. Jahrtausend v.Chr. und Objekte, die in Zusammenhang mit der Vermessung Palästinas stehen und auf den größten Fälscherskandal verweisen.
Der erste Schauplatz ist eine Bibliothek. Hier starten die Besuche den Rundgang durch die Ausstellungsräume, er endet bei der Büste Nofretetes, der Schönen aus Äggpten und dem Star der Ausstellung. Es handelt sich um eine Kopie, die Kaiser Wilhelm II. anfertigen ließ. Er nahm die Kopie der Nofretete mit ins Exil, in die Niederlande. Das Original ist im Pergamonmuseum zu sehen. (HA-KRU)