Essen
Aalto Theater
"TITUS" (LA CLEMENZA di TITO)
Opera seria in zwei Akten von Wolfgang Amadeus
Mozart
Libretto von Caterino Tommaso Mazzolà nach Pietro Metastasio
In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Musikalische LeitungTomáš Netopil.
Inszenierung und Raumkonzept Frédéric Buhr
Premiere: 03.06.2017
In Mozarts Oper „La Clementia di Tito" geht es um eine
tiefe Freundschaft, um Menschlichkeit, um die Tugenden der Milde und des Verzeihens.
Mozart hat seine letzte Oper unter großem Zeitdruck komponiert. Die Opera seria war ein Auftragswerk Kaiser Leopolds II. Anlass war die Krönung des Regenten zum König von Böhmen. Die Oper wurde 1791 in Prag uraufgeführt.
Schauplatz ist das antike
Rom. Kaiser Titus, einst als grausamer und blutrünstiger Feldherr berüchtigt, ist zum milden Herrscher mutiert. Jeglicher Gewalt hat er abgeschworen. Er entschließt sich zu heiraten. Vitelia, Tochter des ehemaligen
Kaisers, hofft seine Gattin zu werden. Doch der Imperator hat Servilla im Blick, die Schwester seines Freundes Sestro. Die verschmähte Vitellia sinnt auf Rache und stachelt Sesto zu einem
Mordanschlag auf Titus an .
Sie verspricht ihm dafür ihre Liebe. Servilla weigert sich den Antrag Titus anzunehmen. Daraufhin entscheidet er sich doch Vitellia zur Gattin zu nehmen. Vitelia versucht den Mordauftrag zu stoppen, doch es ist zu spät. Das Attentat auf Titus ist bereits verübt. Der Herrscher hat überlebt. Sesto nimmt alle Schuld auf sich.
Nur widerwillig setzte sich Mozart mit den starren Elementen der höfischen Form der Oper seria auseinander. Das Publikum hatte zunehmend einen anderen Geschmack entwickelt und eine distanzierte Haltung zur Glorifizierung des Adels eingenommen. Die Urteile über Mozarts letzte Oper sind nicht immer schmeichelhaft. Gelobt wird die Komposition wegen der schönen Musik und den wunderbaren Arien, doch das Sujet kommt weniger gut weg. Das liegt an der Figur des Titus, dessen Gesinnung vielen suspekt ist.
Frédéric Buhr inszeniert Mozarts „La clemenza di Tito“ am Aalto-Theater Essen
Ein Flughafen bildet die Kulisse für Buhrs Inszenierung (seine Erste). Eine große Glasscheibe trennt Wartehalle und Rollfeld. Im Klassiker brennt das Kapitol, bei Buhr erschüttert eine Detonation den Airport. Auf eine hochgestellte Persönlichkeit ist ein Attentat verübt worden.
Vermutlich handelt es sich um einen Politiker, der kurz zuvor, flankiert von Bodyguards, eingetroffen ist. Putz rieselt von der Decke. Auffallend schnell werden die Scherben zusammengekehrt.
Normalität kehrt ein. Adrett gekleidete Stewardessen verrichten ihren Dienst, steigen die große Freitreppe auf und ab oder bedienen die Fluggäste an der Bar. Vitelia (Jessica Muirhead) im
knallroten Buisnesskostüm und schwarzem Spitzenmieder spielt ihre Reize geschickt aus. Sestro, ihren Geliebten (in Hosenrolle Mezzosopranistin Bettina Ranch) stattet die Regie als
körperlich unscheinbar, stimmlich absolut überzeugend, aus. Deutlich wird: Sestro ist Vitelias absolut hörig.
Die Inszenierung setzt ganz auf die Jetztzeit. Das
Konzept überzeugt nicht: zu banal, zu wenig berührend, nicht in die Tiefe gehend.
Zwar gibt es interessante Ansätze, doch leider,
insbesondere im 1. Akt, stellt sich Langeweile ein. Besonders ärgerlich: die mehr als bescheidene Personenregie. Die Konflikte der Protagonisten in ihrer ganzen Dramatik und mit all ihren
Verstrickungen glaubhaft darzustellen, vermag die Regie nicht zu leisten. Etwas besser läuft es im 2. Akt. Eifersucht, Freundschaft, Edelmut und Verzeihen werden hier sichtbar. Sestros
Verzweiflung über seine Tat, Vitellias Scham über Sestros Großmut und Titus noble Gesinnung und seine Prinzipien werden plausibel verhandelt.
Die Defizite bei der Inszenierung werden durch die musikalische Leistung wieder wettgemacht.
Die Philharmoniker unter der Leitung von Tomáš Netopil
präsentieren sich in Höchstform, ebenso der Chor und das Sängerensemble mit Vitellia (Jessica Muirhead) dem russischen Tenor Dmitry Ivanchey (Titus),
der Mezzosopranistin Bettina Ranch, die die Rolle des Sesto hervorragend verkörpert, mit Christina Clark (Sopran) als Servilia sowie Liliana de Sousa (Mezzosopran) als Annio und Baurzhan
Anderzhanov (Bass) als Publio. Der Aufführung verleihen sie viel Glanz.
(HA-KRU)
In der gesehenen Aufführung am 1.07. gab es viel Beifall
für das Ensemble. Buhrufe für die Inszenierung waren an diesem Abend nicht zu hören.
01.07.2017