Bad Tölz

von Rainer Schwirtzek

Die Kirche ist eher schlicht, lediglich die sieben barocken Altäre beeindrucken den Besucher. Die Stadtführerin Angelika Schmidt, die ich im Garten des ehemaligen Franziskanerklosters mit seinen über fünfzig Rosensorten in Bad Tölz treffe, erzählt mit so viel Begeisterung von dem Gotteshaus und seiner fast 400jährigen Geschichte, dass ich auf den Rest der Führung in der Kurstadt, in der mehr interessante Menschen als die alte Flößerstadt selbst im Mittelpunkt stehen sollen, wirklich gespannt bin.

 

Ich wundere mich schon etwas, dass mich Frau Schmidt mit einer großen Filmrolle unter dem Arm begrüßt und ahne es – der „Bulle von Tölz“ steht auf dem Programm. Klar, sie hat alle Stories von Kommissar Berghammer alias Ottfried Fischer mit seiner 100 % Mordaufklärungsrate abrufbereit, aber sie beeindruckt mich viel mehr mit der berührenden Geschichte von Gregor Dorfmeister, der unter dem Pseudonym Manfred Gregor Autor des teilweise autobiographischen Romans „Die Brücke“ ist. Den weltberühmten Film von Bernhard Wicki, der das Schicksal von sieben Jungen, von denen sechs in den letzten Kriegstagen bei der sinnlosen Verteidigung einer Brücke sterben, kennt fast jeder. Bereits im Vorwort des Buches wird klar, dass Dorfmeister, der noch heute in seiner Heimatstadt lebt und durch die für ihn so schrecklichen Ereignisse zum Pazifisten wurde, die Tölzer Isarbrücke beschreibt.

 

Das Bild der prächtigen Markstraße mit ihren herrlichen Lüftlmalereien an den Fassaden wurde maßgeblich durch den bedeutenden Münchener Architekturprofessor Gabriel von Seidl geprägt, der Anfang des 20. Jahrhunderts Bad Tölz sein unverwechselbares Aussehen gab. Auch das Kurhaus, das Neue Rathaus und das Hotel Kolbergarten entstanden nach den Plänen Seidls.

 

Meine charmante Stadtführerin schlägt eine Pause vor. Wir kehren über die Isarbrücke zurück zum Amortplatz. In der Confiserie „Rendezvous der Genüsse“ serviert uns Beate Rutz nicht nur den auf Rosenblättern drapierten „Mordscocktail“ – der Bulle von Tölz lässt grüßen, eine Mischung aus Prosecco und Rosenlikör, sondern auch noch eine Auswahl feinster Pralinen, die sie von den führenden europäischen Chocolatiers bezieht. Besonders stolz ist sie auf ihr Sortiment der edlen Grand-Cru Bonnat-Schokoladen aus Frankreich – da kann eine Tafel im Retro-Design schon mal an die zehn Euro kosten! Dafür ist der herrliche Blick auf die Kalvarienbergkirche und die idyllische Altstadt im Preis inkludiert!

 

Mein nächster Weg führt mich aus dem malerischen Ortskern hinaus an der Isar entlang zur Deutschlands Käsepäpstin Susanne Hofmann. Zugegeben, in einer umgebauten ehemaligen Autowerkstatt habe ich die weitgerühmte Affineurin nun wirklich nicht vermutet.

 

Hier in den verschieden temperierten Reifekammern des Tölzer Kasladens werden die Käserohlinge von der Kuh-, der Schafs- oder der Ziegenmilch in aufwändigen Verfahren handwerklich zu exquisitem Rohmilchkäse veredelt. Frau Hofmann kennt ihre kleinen Zulieferbetriebe aus vielen europäischen Regionen alle persönlich. Nur wer die strengen Qualitätsvorgaben der Käsemeisterin und ihres Bruders, mit dem sie zusammen das Geschäft betreibt, konsequent einhält darf liefern.

 

Verkauft werden die rund 100 Sorten Käse nicht nur in dem kleinen Laden am Münchener Viktualienmarkt und im Tölzer Stammgeschäft in der Rathausgasse, sondern vor allem die Spitzengastronomie wie das Adlon, das Tantris, der Bayerische Hof, das Grand Hotel Heiligendamm, die MS Europa vertraut auf die Spitzenprodukte der Familie Hofmann.

 

Hier, fast ganz oben im stillen Hochtal an der Südseite der mächtigen Benediktenwand steht seit Jahrhunderten im Ortsteil Berg der Langerbauerhof mit einer Hofkäserei. Bauer Josef Orterer erwartet mich schon und erzählt von seiner kleinen Käseproduktion.

 

Sein halbfester Schnittkäse, vom Tölzer Kasladen mit dem Reutberger Klosterbier affiniert, ist mittlerweile im Käferzelt des Münchener Oktoberfestes zu einem kulinarischen Renner geworden. Trotz seines Erfolges bleibt der junge Bauer mit seinen fünfzehn Milchkühen bescheiden. Für ihn ist die Käserei nur ein Nebenerwerb. Die traditionelle Holzwirtschaft und der Tourismus sind die wirtschaftliche Grundlage des bäuerlichen Betriebs. Auf die schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts bestehende Staffelalm, 1320 Meter hoch gelegen, ist Josef Orterer besonders stolz. Hier hat der Maler Franz Marc, der sich viele Sommer hier oben aufgehalten hat, Wände der Alm bemalt. Doch das ist eine ganz andere Geschichte.

 

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