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"Wie es euch gefällt" von William Shakespeare
Inszenierung: Martin Schulze
Dramaturgie: Carola Hannusch
Premiere: 1. Juni 2013
Die Welt als Bühne
Die Quelle für die Komödie „Wie es euch gefällt“ findet sich in dem 1590 erschienenen Schäferroman „As jou like it“ von Thomas Lodge. Shakespeare verknüpfte die Handlungsstränge kunstvoll und verlegte sie in den Ardenner Wald.
Das Paradies ist eine Utopie. Nach drei Stunden „Shakespeare“ im Grillo-Theater gibt es Gewissheit. Die Suche nach der schönen neuen Welt muss fortgesetzt werden.
„Die ganze Welt ist eine Bühne und ob Frau oder Mann, sie sind nur Spieler“ so lauten die berühmten Worte des Melancholikers Jacques in „Wie es euch gefällt“. Das Spiel mit Identitäten und Geschlechterrollen, mit Adeligen und einfachen Bürgern, mit der Liebe und der Poesie nimmt seinen Anfang am Hofe des Herzogs Frederiks.
Auftakt
Regisseur Martin Schulze konstruiert im 1. Akt eine düstere, höfische Welt auf der Grillo Bühne. Eine karge Welt, in der von Freude und Heiterkeit nichts zu spüren ist. Bewusst verzichtet er auf überflüssige Requisiten und farbliche Akzente. Starre Konventionen und hierarchische Strukturen beherrschen die Szene. So fällt gleich zu Beginn der Handlung auf, dass der treue Diener "Adam" keine Achtung durch seine Herrschaft erfährt. (Beeindruckend in der Rolle Sven Seeburg, Ulrike Obermüller hat ein dickes Lob für die Kostüme verdient).
Die Menschen am Hof tragen klassisch geschnittene, schwarz-weiße Bekleidung, die stark bewegungshemmend ist. Schulzes Figuren erinnern eher an ferngesteuerte Roboter als an lebendige Menschen, wenn sie auf- und abgehen. Die metallisch klingende Musik von Dirk Raulf, die das Szenarium begleitet, verstärkt noch die bedrückende Atmosphäre. Da passt es dann ins Bild, wenn Rosalind (Silvia Weiskopf) und Celia (Laura Kiehne) schwarz-glänzende Roben tragen, die eher zu trauernden Witwen als zu lebenslustigen jungen Frauen passen. Obwohl doch Rosalind allen Grund zur Freude hätte, denn sie hat sich kurz vorher unsterblich in Orlando (Daniel Breitfelder) verliebt.
Paradiesische Zustände
Während die höfische Welt die Unfreiheit menschlichen Lebens symbolisiert, wird mit dem Wald von Arden das Königreich der Natur und der Freiheit vorgestellt. Der mythische Ort, so verdeutlicht es die Regie, wird zur Begegnung für Verliebte und Verbannte, Adelige und Knechte, verfeindete Brüder, Narren und Melancholiker. Weit entfernt vom höfischen Leben und von der Zivilisation suchen die Menschen dort nach der großen Liebe und der eigenen Identität. Doch die angeblich bessere Welt stellt sich in der Inszenierung als Utopie heraus und wird als solche verspottet. Es gibt keine Idylle. Berge von Altkleidern fallen auf die Spielfläche. Der Zauberwald ist zur Müllhalde geworden.
Und deutlich wird: Die Freiheit ist auch hier nicht grenzenlos und nach paradiesischen Zuständen sucht man vergeblich. Frauen sind nicht leicht zu haben und längst nicht so willig, wie es sich die Männer erträumen. Stefan Diekmann als Narr Touchstone ist umwerfend komisch, wenn er sich bemüht, dass Landmädchen Audrey ins Bett zu bekommen. Dass die viel gepriesenen Früchte aus dem Garten Eden nicht mehr das sind, was sie einst waren, muss zudem Celia erkennen. Ein unangenehmer Duft strömt von ihnen aus. Wen wundert es da, dass die verbannte Hofgesellschaft erkennen muss: Mit der Gesellschaft in der Idylle steht es nicht zum Besten, längst herrschen kapitalistische Regeln.
So hat der Edelmann Jacques allen Grund zur Melancholie. Neben Rosalind ist die Figur des "Melancholikers" eine der interessantesten in der Inszenierung. Vor sich hinsinnend, Runde um Runde über die Bühne wandernd, lässt er das Publikum ab und zu an seinen hochgeistigen Ideen teilhaben. Tom Gerber erinnert in seiner Verkörperung des „Melancholikers“ stark an Caspar David Friedrich, der auf dem Kreidefelsen verharrt. Von einem Müllberg aus auf das Meer zu blicken, hätte dem Maler bestimmt gefallen.
Fazit
Eine fantasievolle Inszenierung mit viel Ironie und Spiellust, ungemein schlagfertigen Dialogen, ästhetischen Kostümen und wunderbaren Darstellern. Und mit sehr viel Stoff zum Nachdenken.
(HA-KRU)